Beim Sprachpaten-Projekt der Uni Stuttgart sollen Flüchtlinge von Studenten Deutsch lernen. Foto: dpa

Die Uni Stuttgart hat ein Seminar für die praktische Flüchtlingsarbeit veranstaltet. Dabei spielen Pannen und Fettnäpfchen eine große Rolle. Von Anfang November an werden die 21 Studenten Flüchtlingen beim Deutsch lernen helfen.

S-Mitte - Laura Robustino und Svenja Riepen sitzen mit 19 anderen Studenten in einem kleinen Seminarraum im Gebäude K2 der Uni Stuttgart. Vor der Gruppe stehen die Dozenten Elif Polat und Xiao Wang, die über kulturelle Unterschiede in verschiedenen Ländern sprechen. Beide Studentinnen nehmen an einem Projektseminar teil, dass von den Instituten für germanistische Linguistik und Neuere deutsche Literatur angeboten wird. Dabei sollen die 21 Studenten zu Sprachpaten für Flüchtlinge ausgebildet werden. Nach zwei vorbereitenden Workshops werden sie einmal in der Woche eine Kleingruppe beim Deutschlernen unterstützen.

Um sich dafür entsprechend vorzubereiten, sind die beiden Studentinnen am Wochenende in die Uni gekommen. Bei einem ersten Workshop wurden die Teilnehmer auf die kulturellen Unterschiede vorbereitet, die sie bei der Arbeit mit Flüchtlingen erwarten können. Die Seminarleiter wissen wovon sie sprechen: Elif Polat wurde in Deutschland geboren, ihr Vater war als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Xiao Wang wurde in China geboren und ist sei 1998 in Deutschland. „Hier bin ich noch ein Teenager“, scherzt er. Beide Seminarleiter arbeiten für das Sprachenzentrum der Uni.

Während des dreistündigen Workshops wird über Vorurteile und Pannen bei der Arbeit mit Flüchtlingen gesprochen. Doch ein Patentrezept gebe es nicht. „Man muss auch mal Fehler machen und in Fettnäpfchen treten“, sagt Xiao Wang. Einer Studentin genügt diese Antwort jedoch nicht. Sie macht sich Gedanken darüber, wie sie sich im Umgang mit den ausländischen Lernern richtig verhalten soll. Doch es sei schwierig, eine Liste mit Gepflogenheiten und Tabus für jeden Kulturraum auszugeben – zumal bisher noch gar nicht klar ist, woher die Menschen kommen, mit denen sie arbeiten werden.

Einige Tipps kann Xiao Wang aber aus eigener Erfahrung geben. Kollektivistische Kulturen seien eher spontan und kreativ. Es könne durchaus sein, dass einige Schüler bei den ersten Unterrichtsstunden unpünktlich seien. Hier helfe reden: „Sie müssen den Flüchtlingen erklären, dass es in Ihrer Kultur üblich ist, pünktlich zu sein“, erklärt Elif Polat. „Fragen Sie nach dem Grund für das Zuspätkommen.“ Wichtig sei es, keine Vorwürfe zu machen und einander zuzuhören .

Die Studenten haben noch einige Sorgen

Erfahrungen bei der Arbeit mit Flüchtlingen haben die wenigsten der Teilnehmer. Das gilt auch für Laura Robustino und Svenja Riepen. Für beide sind die Vorbereitungskurse jedoch sehr wichtig, um Sorgen und Ängste abzubauen. „Ich mache mir inzwischen mehr Gedanken darüber, was diese Menschen erlebt haben und wie man damit umgehen soll“, sagt die 26-jährige Laura Robustino, die gerade ihren Master in Sprachtheorie und Sprachvergleich macht.

Die Studentin hat lange überlegt, wie sie einen Beitrag leisten könnte, um die aktuelle Situation zu verbessern. Das Sprachpatenprojekt bot da eine gute Möglichkeit. „Es ist meiner Meinung nach ein sehr sinnvolles Projekt, da die Sprache wohl eine der größten Hürden für die geflüchteten Menschen ist.“ Doch trotz allem Eifer, etwas zu verändern, habe sie auch Bedenken, was die Deutschkenntnisse der Flüchtlinge angeht.

Svenja Riepen sieht es genauso: „Ich habe etwas Bammel davor, dass ich an die Lernenden nicht richtig herankomme, sprich die Inhalte nicht verständlich erklären kann“, sagt die 25-jährige Germanistikstudentin. Wenn die Menschen weder Deutsch noch Englisch könnten, müsse sie sich einen Plan B überlegen, um die Sprachbarrieren zu überwinden.

Doch genau das reizt Svenja Riepen auch. Sie interessiere sich sehr für Sprachen und sieht darin eine gute Möglichkeit, um sich in der Flüchtlingsarbeit zu engagieren. Durch die Workshops habe sie das entsprechende Rüstzeug erhalten, um den Deutschunterricht zu gestalten. Besonders der Kurs am Samstag, bei dem sie Unterrichtsstunden vorbereitet haben, habe ihr da sehr geholfen.