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Wolken, Regen, Nebel: Schlechte Sicht gilt bisher als wahrscheinlichste Absturzursache.

Neidlingen - Wolken, Regen, Nebel: Schlechte Sicht gilt bisher als wahrscheinlichste Ursache für den Flugzeugabsturz mit zwei Toten auf der Alb. Danach dürfte der 81-jährige Pilot die Orientierung verloren haben.

Über die Auswertung von Flugwegen und Funkverkehr versucht die Bundesanstalt für Flugunfalluntersuchung (BFU) herauszufinden, warum der zweisitzige Reisemotorsegler vom Typ HK36R Super Dimona am Sonntag am Reußenstein, Kreis Esslingen, zerschellt ist. Ein 81-jähriger Pilot und seine 34-jährige Schwiegertochter aus Riedlingen im Kreis Biberach waren ums Leben gekommen. Die Ermittlungen mit dem Aktenzeichen 3X 074-10 beschäftigen sich auch mit der Wetterfrage.

"Zur Not muss man umkehren"

Der Fall erinnert an ein Unglück vor zehn Jahren, bei dem ein Motorsegler dieses Typs in Tirol abgestürzt war. Ursache damals: "Strukturelle Überbeanspruchung des Luftfahrzeugs durch Orientierungsverlust nach Einflug in Wolken." Offenbar hatte sich der Pilot, der auf Sichtflug angewiesen war, einer Wolkenwand gegenübergesehen. "Der muss man ausweichen oder sie überfliegen", sagt ein in der Flugwetterberatung tätiger Meteorologe. Offenbar sei das aber nicht möglich gewesen. "Zur Not muss man umkehren", so der Experte. Der Flug endete am 764 Meter hohen Reußenstein.

"Bei uns ist die Trauer über den tödlichen Absturz unserer beiden Mitglieder groß", erklärte am Montag der Vorsitzende der Fliegergruppe Riedlingen, Dirk Häuser. Der 81-Jährige sei mit der Schwiegertochter vom Flugplatz Uetersen bei Hamburg gestartet. Dort war man laut Polizei am Wochenende bei einer Familienfeier. Die für die Reise benutzte Maschine sei, so Häuser, ein Motorsegler des Vereins gewesen und ordnungsgemäß gebucht worden.

Fast hätte der Absturz noch schlimmere Ausmaße gehabt

Insgesamt können die Mitglieder der Fliegergruppe aus der Stadt an der Donau für private Zwecke über fünf Flugzeuge verfügen. Voraussetzung sei, dass ein Arzt die Flugtauglichkeit bestätigt habe. Diese Untersuchung müsse jedes Jahr gemacht werden. Der 81-jährige Pilot habe die entsprechenden Bescheinigungen vorlegen können.

In Fliegerkreisen hält man es für keineswegs ungewöhnlich, mit einer Maschine, die mit einem 80 PS starken Motor ausgestattet ist und eine Reisegeschwindigkeit von etwa 180 Kilometer pro Stunde hat, eine etwa 800 Kilometer lange Reise anzutreten und diese an einem Tag zu absolvieren. "Mit einem Motorsegler braucht man halt etwas mehr Geduld", nannte die Sprecherin des Adolf-Würth-Airports in Schwäbisch Hall eine Voraussetzung für lange Flüge mit einem Motorsegler. Die Flugplatz-Sprecherin bestätigt, dass die Riedlinger gegen Sonntagmittag in Hall zwischengelandet und die Maschine aufgetankt hätten, anschließend gleich wieder weitergeflogen seien.

Fast hätte der Absturz noch schlimmere Ausmaße gehabt

Eine Stunde später, gegen 14 Uhr, zerschellte das Flugzeug an einem bewaldeten steilen Hang unterhalb Burgruine Reußenstein bei Neidlingen. Wollte der Pilot nach der langen Reise nicht so kurz vor dem Ziel umkehren? Hatte er die Wolkendecke zu unterfliegen versucht und die Höhe der Felsen falsch eingeschätzt? Noch am späten Sonntagabend wurde das Wrack von Einsatzkräften des Technischen Hilfswerks, der Bergwacht Württemberg und der Feuerwehren Lenningen und Schlopfloch geborgen. Ein Experte der BFU sorgte dafür, dass wichtige Spuren und Teile gesichert wurden. "Aufzeichnungen werden hier in Braunschweig ausgelesen", sagt ein BFU-Sprecher, "vielleicht wissen wir am Dienstag schon etwas mehr." Der Schaden wird von der Esslinger Polizei auf 50.000 Euro geschätzt.

Raimund Wimmer, Sprecher der Bergwacht Württemberg, betonte am Montag erneut, dass der Absturz noch schlimmere Ausmaße hätte annehmen können. Eine Gruppe angehender Bergretter habe mit ihren Ausbildern zwei Minuten vor dem Unfall genau an der Aufschlagstelle des Flugzeugs geübt. Der Motorsegler war ganz in der Nähe der 19-köpfige Gruppe im Wald eingeschlagen. Es habe deshalb keine Minute gedauert, bis die Bergretter - unter ihnen vier Ärzte - an der Unfallstelle gewesen seien, so Wimmer. Den beiden Insassen sei aber nicht mehr zu helfen gewesen.