Der Lyrikautomat am Burgplatz steht noch. Foto: Werner Kuhnle (Archiv)

Mit einem kuriosen Fall hat es die Polizei in Marbach zu tun: Einer der drei Automaten, aus denen man Gedichte ziehen kann, ist gestohlen worden.

Dass Gedichte geklaut werden, soll schon vorgekommen sein. Ein unbekannter Täter oder eine unbekannte Täterin ging nach Mitteilung der Polizei in Marbach nahe der Schillerhöhe einen Schritt weiter und nahm gleich einen ganzen Lyrikautomaten im Wert von etwa 2000 Euro mit. Drei dieser Automaten waren im Oktober letzten Jahres an verschiedenen Standorten in der Literaturstadt aufgestellt worden – außer bei der Schillerhöhe auch am Burgplatz sowie am Bahnhof. Für 50 Cent kann man aus den ehemaligen Kaugummiautomaten unterschiedliche Gedichte ziehen. Mit dem Erlös werden junge Autoren unterstützt.

Vera Hildenbrandt, die Leiterin der Museen auf der Schillerhöhe, zeigte sich sehr betroffen und verärgert darüber, „dass unser Anliegen, Gedichte in den urbanen Raum zu bringen, in dieser Weise sabotiert wird. Viele Menschen freuen sich über unsere lyrischen Impulse und ziehen immer wieder Gedichte. Das Konzept trägt also. Umso trauriger, dass nicht nur dem Inhalt der kleinen Gedichtkapseln, sondern auch der Freude derer, die sie ziehen, mit derart gering schätzender Respektlosigkeit begegnet wird.“

Mehrere Fälle von Vandalismus am Wochenende

Laut Hildenbrandt gab es wohl am Wochenende mehrere Fälle von Vandalismus im näheren Umfeld. In dem gestohlenen Automaten vom Lenauweg hinter dem Schiller-Nationalmuseum seien Werke von Autoren des diesjährigen Gastlands der Frankfurter Buchmesse, Slowenien, enthalten gewesen. In den beiden anderen Automaten ist Lyrik junger Autoren der Kulturakademie enthalten – Motto „frische Gedichte“ – sowie „unvergessliche Gedichte“, natürlich auch vom gebürtigen Marbacher Friedrich Schiller.

Dass komplette Automaten gestohlen werden, ist laut Angaben einer Polizeisprecherin tatsächlich sehr ungewöhnlich. Meist handle es sich nur um Aufbrüche und das vorwiegend von Zigarettenautomaten. Die seien aus Tätersicht sowohl im Hinblick auf die Ware als auch auf das Geld sehr attraktiv. Letzteres kann beim Lyrikautomaten nicht der Fall gewesen sein: „Die Automaten werden täglich von uns geleert, sodass immer nur sehr kleine Beträge darin enthalten sind“, so die Museumsleiterin. Vielleicht möchte ja jemand seine Angebetete mit vorgegebenen poetischen Fähigkeiten betören – wie in dem Lied der Prinzen „Alles nur geklaut“. Wer also demnächst Gedichte geschenkt bekommt, sollte genau hinschauen.