Möglichst flach geht es die Urbacher Hagsteige hinunter Foto: Gottfried Stoppel

Die Urbacher Hagsteige ist am Wochenende zur Rennstrecke für Rutschautos geworden. Mit dem Bobbycar ging es mit annähernd 100 Stundenkilometern den Hang hinab.

Urbach - Geschwindigkeit ist für Marcel Paul aus dem südhessischen Gedern keine Hexerei. Beim „Festival of Speed“ hat er den bisherigen Rekord aufgestellt: Mit 115 Stundenkilometer ist der 27-Jährige auf heimischer Strecke den Hang hinunter gesaust – mit einem Bobbycar, wohlgemerkt. Am Samstag hat es der junge Mann, der normalerweise mit einem 40 Kilogramm schweren Miniboliden in der Profiklasse antritt, auf der Urbacher Hagsteige in der Amateurklasse – bis 30 Kilogramm – nicht viel langsamer angehen lassen.

„Die Schatzkiste“ steht für ungewöhnliche Ideen

Möglich gemacht hat den Event, der zur Deutschen Meisterschaft des Bobby-Car-Sport-Verbands gewertet wurde, „Die Schatzkiste“. Der Urbacher Verein steht für ungewöhnliche Ideen, die meist damit verbunden sind, wohltätige Projekte zu realisieren oder Menschen in Not zu helfen. Weil einige Mitglieder im Verein vor kurzem selbst mit einem „Racingteam“ in den Bobbycar-Sport eingestiegen sind und Urbach in der Hagsteige eine für diese Zwecke geradezu prädestinierte Gefällstrecke aufweist, lag der Gedanke laut dem Vereinsvorsitzenden Benjamin Meitinger nahe, einen solchen Event dort mal auf die Beine zu stellen.

Dass dies nicht leicht werden würde, hatte sich schon in der Planungsphase angedeutet. So musste man unter anderem einen naturschutzrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheid in dem ökologisch wertvollen Gebiet erbringen und einige andere Auflagen erfüllen.

Am Samstag bewiesen die rund 120 ehrenamtlichen Helfer, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Und auch der Wettergott meinte es – zunächst – gut mit den Bobbycar-Fahrern und dem Publikum. Zumindest tagsüber trotzte man den deutlich schlechteren Prognosen. Am Abend dann aber musste die Band Crosstrail deutlich früher die Instrumente einpacken als geplant. Und am Sonntag, an dem das Profirennen geplant war, ging das regenbedingte Zittern weiter.

„Profis“ gehen auf jeden Fall auf die Piste

Am Mittag jedoch, nachdem die Kinder die Trockenphasen geschickt für ihre Läufe ausgenutzt hatten, vermeldete Rennleiter Benjamin Meitinger auf Nachfrage, dass die „Profis“ in jedem Fall auf die Strecke gehen wollten. Regen sei für die tollkühnen Männer auf ihren viel zu kleinen Gefährten kein Grund, nicht zu starten. Also passten sich die Veranstalter einfach den veränderten Bedingungen an – und verkürzten die Strecke zugunsten eines verlängerten Bremswegs.

Marcel Paul hat die Amateurklasse am Samstag übrigens klar für sich entschieden. Der Bobbycar-Pilot, im richtigen Leben Zerspanungstechniker, erreichte kurz vor dem Ziel der 950 Meter langen Strecke eine Höchstgeschwindigkeit von 92 Stundenkilometern.

Bei den Profis hatte Dominik Rivola aus Erlingen bei Augsburg die Nase vorn. Laut Benjamin Meitinger, der sich selbst bei einem Probelauf die Schulter verletzte, keine Überraschung: Schließlich sei Rivola auch der amtierende Weltmeister. Für sein Team, die BCF Racing Schatzkiste hingegen gab es dann noch einen höchst erfreulichen Abschluss: Die Mannschaft wurde Deutscher Team-Meister – „vor allem wegen unserer Kids“, wie Meitinger einräumt.

Ein Auto für Francesco und seine Mutter

Francesco
Den Erlös der Veranstaltung will die Schatzkiste einer alleinerziehenden Mutter aus Fellbach zukommen lassen. Mit dem Geld und weiteren Spenden soll ein Auto angeschafft werden. Annemarie di Cerbos Sohn Francesco ist mit einer äußerst seltenen genetischen Störung auf die Welt gekommen, dem sogenannten Kleefstra-Syndrom. Dieses geht mit einer geistigen Behinderung sowie erheblichen körperlichen Einschränkungen einher. Francesco, der im Oktober seinen sechsten Geburtstag feiern soll, kann sich aufgrund einer Muskelschwäche kaum selbst bewegen, ist vermutlich blind und benötigt Betreuung rund um die Uhr.

Auto
Eigentlich hat sich der Kinderhospizverein „Sternentraum“ im vergangenen Jahr erfolgreich bei der Spendenaktion „Hilfe für den Nachbarn“ unserer Zeitung darum beworben, Annemarie die Cerbos Auto so umbauen zu lassen, dass sie Francesco darin selbst transportieren kann. Doch ihr Auto kam im Zuge ihrer Scheidung abhanden. Nun will die Schatzkiste ein Auto ermöglichen, das dann entsprechend umgebaut werden kann.

Kontakt
Wer Annemarie di Cerbo unterstützen möchte, kann sich an die Schatzkiste wenden, am besten per E-Mail an bobbycar@die-schatzkiste.info.