Der Turm stand zunächst auf einem Container, der Bauherr hat ihn nun ein Stück weiter auf sein Grundstück versetzt. Foto: factum/Granville

Ein Wachturm aus DDR-Zeiten, der in Weil im Schönbuch in Sichtweite zur einer Flüchtlingsunterkunft aufgestellt wurde, ist dem Landratsamt ein Dorn im Auge. Der Besitzer Hans Betz hingegen hätte ihn gern als Denkmal deklariert.

Weil im Schönbuch - Eigentlich weiß Hans Betz, dass er seinen DDR-Wachturm abreißen muss. Doch der Abbruch- und Transportunternehmer aus Weil im Schönbuch (Kreis Böblingen) versucht offenbar, die Anordnung zu umgehen. Er hat die erste Frist verstreichen lassen, die ihm bis Ende Juli gesetzt worden war. Nun verlangt das Landratsamt von ihm, sein „Denkmal der deutsch-deutschen Grenzgeschichte“ bis Ende August zu entfernen. „Wir gehen davon aus, dass er das auch tut“, sagt Wiebke Höfer, die Sprecherin der Kreisbehörde.

Aber Betz denkt offenbar gar nicht daran. Mit seinem nachempfundenen Wachturm aus der Honecker-Ära wolle er an das einstige Unrechtsregime erinnern, wie er erklärt. Eine Hinweistafel trägt die Aufschrift: „Deutsche Teilung 1945 bis 1990 “. Darauf hat er auch die Zahl „1303“ geschrieben. „So viele Toten gab es an der Zonengrenze, die auf der Flucht ihr Leben lassen mussten“, erläutert der 59-Jährige.

Das Böblinger Landratsamt möchte dennoch unnachgiebig bleiben. „Herr Betz verstößt gegen den gültigen Bebauungsplan. Ein Nebengebäude ist an dieser Stelle nicht zulässig“, verlautete bereits im Juli aus der Behörde. Merkwürdig fanden es zudem manche Bürger und nicht zuletzt der Weiler Bürgermeister Wolfgang Lahl, dass Hans Betz einen Original-DDR-Scheinwerfer auf dem Turm so postiert hatte, dass dieser in die Richtung der Bahnhaltestelle Troppel zeigte – und damit auch hinüber zum geplanten Flüchtlingsheim, das in etwa 100 Meter Entfernung errichtet wurde. Das sei ein Zufall, hatte Betz auf die ungehaltenen Reaktionen erwidert. Da werde etwas hineininterpretiert, was von ihm nicht beabsichtigt gewesen sei. In die Unterkunft, die in Containerbauweise erstellt wurde, sollen demnächst rund 130 Neuankömmlinge einziehen.

Mit dem schwenkbaren und noch funktionstüchtigen Scheinwerfer auf dem Turm wolle er sein Grundstück ausleuchten, nachdem bei ihm bereits zweimal eingebrochen worden sei, hatte der 59-Jährige kund getan. Wenigstens in diesem Punkt zeigte er sich einsichtig. Den Schweinwerfer schwenkte er weg, sodass dieser nun auf den Betriebshof seiner Firma zeigt. Und noch etwas hat Betz verändert: Eine Schaufensterpuppe, die er in dem Wachturmhäuschen aufgestellt hatte und die mit einem Fernglas ebenfalls in die Richtung des künftigen Asylbewerberheims schaute, wendete er nun davon ab. Die Bauteile für sein „Denkmal“ hatte der Abbruchunternehmer seinem Fundus entnommen, die Ausstattung des Turms besorgte er sich teilweise über das Internet. Wie auch eine originale Uniform aus DDR-Zeiten, die er besagter Puppe anzog.

Wohl um das Landratsamt zu besänftigen, hat der Mann den Wachturm nun um zwei Meter auf sein Grundstück gerückt. Damit befindet er sich zwar in einem Baufeld auf dem Betriebsgelände, an dessen Rand das Eigenheim von Hans Betz steht. So ein Bauwerk sei trotzdem nicht zulässig, es verstoße gegen Baurechtsvorschriften, sagt Thomas Wagner, der Bauamtsleiter in der Kreisbehörde: „Der Turm hat keinen funktionalen Bezug zu dem Betriebsgelände, einen zweckdienlichen Zusammenhang gibt es nicht.“ Hans Betz möchte nach eigenem Bekunden nun nachträglich ein Baugesuch bei der Gemeinde einreichen. „Außerdem möchte ich in dem Turm eine Videoüberwachung installieren“, erklärt der 59-Jährige.

Das Landratsamt allerdings will erst einmal abwarten, ob weitere rechtliche Schritte nötig sind. „Wir verfahren wie bei dem Hausbesitzer in Gärtringen, dessen Dachfirst zu hoch ist“, sagt Wiebke Höfer, die Sprecherin des Landratsamts. Nachdem der Gärtringer der mehrmaligen Aufforderung nicht nachgekommen war, das obere Stockwerk und das Dach zurückzubauen, hatte das Landratsamt eine Baufirma damit beauftragt. Bevor bei Hans Betz eine solche Zwangsmaßnahme eingeleitet wird, sei noch eine Geldstrafe zu verhängen, erklärt Wagner. Diese könne bis zu 5000 Euro betragen. „Soweit sind wir aber noch nicht.“