Durchschnittlich sieben Fahrerfluchten werden pro Tag im Landkreis angezeigt. Meist handelt es sich um Lack- und Blechschäden oder ramponierte Außenspiegel. Doch immer muss man sich als Verursacher korrekt verhalten, sonst drohen Konsequenzen. Foto: stock.adobe.com

Wer ein Auto beschädigt und wegfährt, begeht Unfallflucht. Ein Hinweis am Auto genügt nicht. Das scheint nicht jedem klar, denn täglich beschäftigen zahlreiche Fälle die Polizei. Was im Fall der Fälle zu beachten ist.

Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, ein leises Knirschen beim Ein- oder Ausparken – und plötzlich kann man in eine Straftat verwickelt sein: Unfallflucht. Täglich werden im Rems-Murr-Kreis Fahrzeuge beschädigt, doch die Verursacher verschwinden, ohne sich zu melden. Was viele nicht wissen: Selbst das vermeintlich harmlose Abfahren eines Seitenspiegels kann drastische Konsequenzen haben – für Verursacher wie für Geschädigte.

Warten oder die Polizei rufen

Sieben Fahrerfluchten werden pro Tag im Schnitt bei der Polizei im Kreis angezeigt. Typische Fälle von Unfallflucht mit Sachschaden sind in der Praxis meist Parkrempler oder abgefahrene Seitenspiegel. In Winnenden wurde jüngst ein VW Golf, der ordnungsgemäß an der Ritterstraße geparkt war, von einem Laster gestreift. Schaden: 4000 Euro. Der Verursacher, Fahrer eines Lastwagens mit Anhänger, machte sich davon.

Generell gilt: Wer einen Schaden angerichtet hat, muss zunächst eine „angemessene Zeit“ auf den Fahrer des beschädigten Fahrzeugs warten. Wie lange genau, hat der Gesetzgeber nicht definiert, erklärt Julian Häußler vom Allgemeinen Deutschen Automobil Club (ADAC). Taucht der Geschädigte nicht auf, muss sich der Unfallverursacher bei der Polizei melden: Wer nicht wartet oder die Polizei informiert, begeht unerlaubtes Entfernen vom Unfallort – und damit eine Straftat nach Paragraf 142 des Strafgesetzbuches (StGB). Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt; je nach Schadenshöhe drohen dabei neben einer Geldstrafe mindestens zwei Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot oder sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht unter sechs Monaten. Im schlimmsten Fall drohen gar bis zu drei Jahre Haft. Übrigens können auch Fußgänger und Radfahrer Unfallfluchten begehen. „Die Art der Fortbewegung spielt keine Rolle, sondern nur die Beteiligung am Unfall.“

Zeugenhinweise sind wichtig

Einen Zettel mit Namen und Telefonnummer am beschädigten Auto zu hinterlassen, reiche nicht aus. „Das ist vielleicht gut gemeint, aber auch dann begeht man Fahrerflucht“, erklärt Robert Silbe, Sprecher des Polizeipräsidiums Aalen, das für den Rems-Murr-Kreis zuständig ist. Die Aufklärungsquote nach Unfall- beziehungsweise Fahrerfluchten lag im Landkreis im vergangenen Jahr bei unter 50 Prozent. Von 2680 angezeigten Fällen konnten 1013 aufgeklärt werden. Die Zahl steigt indes, wenn Zeugenaussagen vorliegen. „Wer einen Verkehrsunfall sieht und beobachtet, dass sich das verursachende Fahrzeug vom Unfallort entfernt, sollte in jedem Fall die Polizei benachrichtigen beziehungsweise sich dem Geschädigten zu erkennen geben, sofern man sie oder ihn antrifft. Und man sollte sich der Polizei als Zeuge zur Verfügung stellen“, rät der Polizeisprecher.

Im Idealfall notiert man sich als Zeuge die Nummer des Kennzeichens sowie Ort, Zeit und den Fahrzeugtyp des Flüchtenden. Auch wenn man nur ein Detail beitragen könne, sei ein Anruf wertvoll. „Uns kann bei der Ermittlung schon helfen zu wissen, ob es sich um ein helles oder dunkles Auto gehandelt hat.“ Und selbst wenn man das Kennzeichen nur teilweise wiedergeben könne, sei dies hilfreich, um Verursacher zu identifizieren oder mögliche Verdächtige auszuschließen. Je nach Sachlage könne es bei einem Unfall auch hilfreich sein, Fotos vom Schaden anzufertigen. Diese könnten auch im Nachgang eines Unfalls bei der Abwicklung von Versicherungsfragen dienen.

Die Versicherung holt sich das Geld zurück

Julian Häußler: „Bei Unfallflucht zahlt die Kfz-Haftpflicht zwar zunächst den Schaden des anderen, aber sie holt sich das Geld bis zu einer Höhe von 5000 Euro beziehungsweise bis zu 10 000 Euro bei zusätzlich festgestelltem Alkoholeinfluss vom Verursacher zurück.“ Außerdem müsse der Unfallflüchtige für seinen Schaden selbst aufkommen. „Die Kasko-Versicherung streicht meistens die Leistung komplett. Das darf die Versicherung oft auch dann, wenn das Verfahren wegen geringer Schuld gegen Geldauflage eingestellt wird.“ Dies blüht wohl auch dem eingangs erwähnten Lastwagenfahrer aus Winnenden – die Polizei kam ihm dank einer Videoaufzeichnung auf die Schliche. Wenn sich der Täter aber vom Acker macht und nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, kann es für die Opfer teuer werden. „Sie bleiben oft auf ihrem Schaden sitzen. Denn hier springt nur eine Vollkasko-Versicherung ein, allerdings abzüglich der Selbstbeteiligung. Und beim Schadensfreiheitsrabatt werden sie auch zurückgestuft.“

Wann sollte man die Polizei rufen?

Trifft man den Geschädigten beziehungsweise den Unfallgegner vor Ort an, muss übrigens nicht zwangsläufig die Polizei hinzugerufen werden. Bei Unfällen mit geringem Sachschaden, sogenannten Bagatellunfällen wie etwa kleinen Lackschäden, sei die Polizei nicht zwingend zu rufen. „Hier sollten aber unbedingt die wichtigsten Daten aller Beteiligten ausgetauscht und ein Unfallbericht ausgefüllt werden“, erklärt der ADAC-Sprecher. Möchte eine der beiden Parteien die Polizei unbedingt dabei haben, muss der Unfallgegner das akzeptieren.

In den folgenden Fällen sollte bei einem Unfall auf jeden Fall die Polizei gerufen werden: Wenn die Unfallstelle abgesichert werden muss, bei Unfällen mit hohem Sachschaden, wenn Personen verletzt oder getötet wurden, wenn man nicht der Halter des Fahrzeugs ist (etwa bei Unfall mit einem Mietwagen), wenn eine Straftat im Raum steht, zum Beispiel Alkohol am Steuer. Außerdem sollte die Polizei gerufen werden, wenn es Streit mit dem Unfallgegner gibt.