Nur noch ein Haufen Schrott:Der Ronart-Jaguar des 65-jährigen Piloten nach dem mehrfachen Überschlag im Waldstück zwischen Stuttgart-Büsnau und Magstadt                                        Foto: Priel-Böttinger

Ein Unfall mit einem Schwerstverletzten und vier Leichtverletzten überschattete am Sonntagnachmittag das Solitude Revival. Bis dahin hatten rund 30 000 Zuschauer 350 historische Rennfahrzeuge auf dem einstigen Solitude-Ring bewundert.

Stuttgart - Bis Sonntag, 14.30 Uhr, war die Veranstaltung mit 350 historischen Rennwagen für rund 30 000 Besucher ein Genuss. Doch dann geschah das Unglück auf der Landesstraße 1189 zwischen Stuttgart-Büsnau und Magstadt (Kreis Böblingen).

Laut Polizei fuhr ein 65-jähriger Rennfahrer in seinem Ronart-Jaguar Typ 152 von 1969 in Richtung Büsnau. Auf halber Strecke zwischen der Autobahnbrücke und dem Steinbachsee kam er am Ende einer langgezogenen Rechtskurve nach links von der Fahrbahn ab. Sein Auto fuhr gegen einen Strohrundballen und schanzte durch die Luft, ehe es in einem angrenzenden Waldstück landete. Der Fahrer zog sich dabei schwerste Verletzungen zu. Sein 45-jähriger Beifahrer wurde leicht verletzt. Zwei Streckenposten im Alter von 20 und 40 Jahren sowie eine 22 Jahre alte Mitarbeiterin eines Sicherheitsdienstes wurden durch den umherfliegenden Strohballen leicht verletzt. Sie alle wurden in ein Krankenhaus gebracht. Die Schadenshöhe kann noch nicht beziffert werden. Die Schau wurde nach dem Unfall vom Veranstalter abgebrochen.

„Ich bin in der Runde in der Präsentationsfahrt mitgefahren“, sagt die 87-jährige Rennsportlegende Hans Herrmann. Für ihn ist der Solitudering, auf dem er zwischen 1952 und 1965 Rennen gefahren ist, seine „Hausstrecke“. Der Unfall sei irgendwo hinter ihm passiert, er habe nichts davon mitbekommen und erst auf der Heimfahrt aus dem Radio davon erfahren.

Was dieses Unglück anbelangt, wird Hans Herrmann, der in seiner jahrzehntelangen Rennsportkarriere gelernt hat, mit den ungeheuren Kräften unter der Motorhaube umzugehen, deutlich.

„Diese Veranstaltung diente Demozwecken, um den Leuten die Autos zu zeigen, die auf der Rennstrecke gefahren sind. Leider gibt es immer wieder Unbesonnene, die daraus ein Rennen machen wollen. Die können sich doch auf den vielen speziellen Oldtimer-Rennen austoben, die es gibt, aber nicht hier. Man fährt hier einfach nicht so, dass man rausfliegt“, sagte er. Der Altprofi ist Mitglied im Verein Solitude Revival. Jetzt bangt er um die Zukunft der Veranstaltung auf dem Solitudering: „Hoffentlich wird sie nach diesem Unglück in zwei Jahren überhaupt wieder genehmigt. Ich kann mir vorstellen, dass darüber ab morgen schon diskutiert wird.“

Der Gefährlichkeit des Rennsports ist sich Herrmann bewusst. „Von 1952 bis zu meinem Karriereende 1970 sind 68 meiner Rennfahrerfreunde tödlich verunglückt.“ Erst Jahre später hätten Niki Lauda und Jackie Stewart viel zur Sicherheit beigetragen. „Rennfahrer bekamen gute Helme und Kleidung, die nicht gleich Feuer fängt. Der Tank wurde geschottet, und an den Strecken verliefen Auslaufzonen, damit man nicht gleich gegen einen Baum oder eine Hauswand fährt.“

Der einstige Star auf den Rennpisten steuerte auf dem Solitude Revival einen Porsche 917 über die jeweils 1,4 Kilometer langen Runden. In ihm hat er 1970 mit seinem britischen Co-Piloten Richard Attwood die 24 Stunden von Le Mans gewonnen und Porsche den einzigen Sieg auf der legendären Rennstrecke in Frankreich verschafft. Sein alter Helm aus Metall, den Herrmann am Sonntag trug, ziert eine Delle, die er als „Avus-Schramme“ von seinem spektakulärsten Unfall bezeichnet: „Ich bin mit dem Formel 1 BRM von Stirling Moss auf der Berliner Avus gefahren. 250 Meter vor der Kurve in der Südkehre hatte ich bei Tempo 280 keine Bremswirkung.“

Um nicht ungebremst in die Zuschauer zu rasen, von denen viele in den Tod gerissen worden wären, steuerte Herrmann auf Strohballen am Pistenrand, in der Hoffnung, sie würden seine rasante Fahrt bremsen. Herrmann: „Ich flog mit dem Wagen zehn Meter hoch in die Luft, nach 70 Metern bin ich dann aufgeprallt, und nach 130 Metern flog ich aus dem Auto. Damals schnallte man sich nicht an, und in diesem Fall war das gut so.“