Eine der ausgezeichneten Höhlen: der Hohle Fels bei Schelklingen Foto: dpa

Im Juli hat die Unesco sechs Höhlen im Ach- und Lonetal als Welterbe geadelt. An der Werbekampagne für die Eiszeithöhlen der Alb regt sich Kritik. Wie viele Logos verträgt ein Denkmal?

Stuttgart - Die Schwäbische Alb gilt in Stuttgart als Provinz. Doch das hat das Selbstbewusstsein der Älbler noch nie angekratzt. Seit die Unesco im Juli sechs Höhlen im Ach- und Lonetal als Welterbe geadelt hat, werfen sich Landräte und Bürgermeister noch breiter in die Brust. „Als wir die Kunst entdeckten, gab es in Ägypten weitere 35 000 Jahre nur Sand“, posaunten sie das Ereignis mit Plakaten in die Welt. Und auf Youtube spotten „Eiszeit-Künstler“ mitleidig über Stonehenge und die Chinesische Mauer.

Nicht alle Betrachter finden das witzig, und als Alb-Donau Landrat Heiner Scheffold obendrein davon schwadronierte, Helene Fischer könnte in einer der Höhlen als Werbebotschafterin auftreten, schlug mancher Denkmalschützer die Hände über den Kopf. Da mag der Landrat auch versichern, das sei doch „nur ein Scherz“ – in Stuttgart und Ulm beäugt man die Kampagne mit gemischten Gefühlen.

Werbung mit Helene Fischer?

Vor allem der SPD-Fraktionsvize im Landtag, Martin Rivoir, der die Vermarktung der Alb-Höhlen seit Jahren fördert, äußert nun die Befürchtung, dass seine Heimatregion mit den Unesco-Chancen nicht optimal umgeht. Da mag zwar die Parteizugehörigkeit eine gewisse Rolle spielen, denn der Genosse trifft dort auf gefestigte CDU-Strukturen. Doch auch andere Abgeordnete äußern sich kritisch, wenn auch nicht öffentlich.

Zum einen steht da die Sorge, dass die Pflege des Welterbes auf der Alb zu sehr in Richtung Eventmanagement abdriftet. Deshalb plädiert Rivoir dafür, die von zwei Kreisen sowie der Stadt Ulm geplante neue Stelle zur Koordinierung nur an Bewerber zu vergeben, die ein kulturhistorisches Studium abgeschlossen haben: „Das darf niemand sein, der nur auf die CMT gehen kann.“ Vor allem aber treibt den gebürtigen Ulmer um, dass die ohnehin schwierige Vermarktung des Welterbes an „Kirchturmdenken“ Schaden nimmt.

Nach anfänglich guter Zusammenarbeit der beteiligten Gebietskörperschaften sei nun etwas „Sand ins Getriebe“ zu kommen, schreibt er deshalb an Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), die in der Landesregierung den Denkmalschutz verantwortet. So sei zum Beispiel kürzlich intern ein eigenes Logo nur für die Höhlen vorgestellt worden, dessen Anmutung er als „fast depressiv“ beschreibt.

Streit um ein weiteres Logo

Dabei benötigten die Höhlen gar kein weiteres Logo, es gebe doch bereits das Logo der Dachmarke „Weltkultursprung“, und auch das offizielle Unesco-Siegel, ein stilisierter Tempel, wolle man ja verwenden. „Wie soll sich denn ein auswärtiger Besucher da noch zurecht finden?“, fragt der SPD-Mann. Die Entwicklung eines Logos ist für ihn „rausgeschmissenes Geld“.

Die einheitliche Vermarktung des Welterbes ist in der Tat nicht trivial, denn wer aus China, Australien oder den USA anreist, um die Wurzeln der Menscheitskunst zu entdecken, muss zunächst ausgiebig recherchieren: Die Kunstwerke der sechs Höhlen in zwei Tälern sind nämlich auf Museen in fünf Gemeinden verteilt – darunter so eingängige Namen wie Niederstotzingen. Nicht von ungefähr hat vor Jahren der frühere Präsident des Landesdenkmalamts, Dieter Planck, eine zentrale Präsentation angemahnt. Doch die Politik hat anders entschieden – in der Erwartung, dass die Kommunen kooperieren. Das tun sie im Großen und Ganzen auch, und doch erscheint die Lage aus der Distanz bisweilen verworren.

Video mit Culcha Candela

Für Alb-Donau-Landrat Scheffold ist die Stuttgarter Irritation nur auf ein Missverständnis zurückzuführen. „Das Landesamt für Denkmalpflege verlangt ein nationales Welterbelogo, dies gilt es zu entwickeln“, rechtfertigt er die Pläne. Auch er wolle keine drei Erkennungszeichen, schon gar nicht eines exklusiv für die Höhlen, versichert Scheffold. Man werde deshalb versuchen, das neue Logo mit jenem des „Weltkultusprungs“ zur Deckung zu bringen. Im Moment gebe es eben „hohe Erwartungen und ebenso hohe Sensibilitäten“, seufzt er. Schließlich ist auch eine Menge Geld im Spiel. So hat die Landtags-CDU im Haushalt für nächstes Jahr weitere 250 000 Euro losgeeist. So pendelt die Vermarktung der Albhöhlen also zwischen Helene Fischer und der Mahnung der Denkmalschützer, ein „welterbewürdiges Auftreten“ zu wahren. Die blonde Sängerin war übrigens noch nicht in den Höhlen. Sehr wohl aber die Berliner Hip-Hopper Culcha Candela und die Countryband The BossHoss. Demnächst sind ihre Videos zu sehen, mit denen sie für die Alb werben.