Die Demo von SPD, Linke, Initiative Antifaschistische Filder sowie Fridays for Future hatte etwas früher begonnen. Foto: Caroline Holowiecki

Zwei Demos, nur einen Steinwurf voneinander entfernt: In Filderstadt liefern sich Anhänger der Querdenker-Bewegung und ein Gegenbündnis ein aufsehenerregendes Lautstärke-Duell. Nur bei einer Gruppe gibt es ernsthafte Beanstandungen.

Filderstadt-Bonlanden - Das Schauspiel hat noch nicht begonnen, da haben der ältere Mann und die Frau, vermutlich ein Ehepaar, ihre Handys bereits ausgepackt. Gewissenhaft filmen sie, was auf der anderen Straßenseite passiert. Wer ist dort dabei? Was machen die? Ach, schau, sogar der Sohn. „Pack“, entfährt es der Frau, während sie weiter draufhält. Es ist Freitagabend in Filderstadt-Bonlanden, und je später es wird, desto tiefer wird der Graben, den die Metzinger Straße repräsentiert. Wir hier gegen die dort drüben.

Der Star-Gast der einen ist Michael Ballweg

Zwei Demos finden gleichzeitig statt. Am Friedensplatz ist erneut eine Veranstaltung der Anhänger der Querdenker-Bewegung und Gegner der Coronamaßnahmen, die dritte in Folge. Der Star-Gast bei „Gemeinsam für unsere Rechte“ ist Michael Ballweg, die Querdenker-Galionsfigur. Er wird mit Applaus und Jubel begrüßt.

Genau gegenüber hat sich ein Bündnis von SPD, Linke, der Initiative Antifaschistische Filder sowie Fridays for Future eingefunden. Die Akteure haben laut der Sozialdemokratin Ines Schmidt konkrete Hinweise, wonach einzelne Nahestehende rechts gerichteter und rechtsextremer Parteien das Treiben auf der anderen Seite unterstützten. Der Veranstalter dieser Demo – er lehnt jede Stellungnahme ab – spricht auf der Bühne von falschen Anschuldigungen.

Einen Konsens wird es hier nicht geben

Schon vorab ist klar: Einen Konsens wird es hier nicht geben. Der Gast-Redner des Gegendemo-Bündnisses, der Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold, lässt keinen Zweifel daran, dass er die dort drüben nicht nur für besorgte Bürger hält. Seine Vermutung ist zumindest nicht aus der Luft gegriffen. „Querdenken 711“ und die regionalen Ableger werden im Land vom Verfassungsschutz beobachtet. „Wir werden nicht zulassen, dass die Demokratie auf eine schiefe Ebene gerät“, ruft er ins Mikro. Michael Ballweg spricht derweil inmitten von Regenbogen- und Israel-Fahnen vom Frieden und betont: „Die Grundrechte stehen nicht unter Pandemie-Vorbehalt.“

Beide Seiten haben viele mobilisiert. Jeweils gut 100 Personen sind da. Senioren, Mütter mit Kindern, schwarz Vermummte. Ein 63-Jähriger auf dem Friedensplatz hat „Corona-Faschismus“ auf seine Maske geschrieben. Es sehe durch Schließungen und Ausgangssperren seine Grundrechte ausgehebelt. Der Bonländer sagt: „Corona ist eine Grippe, nichts anderes.“ Auf der anderen Straßenseite steht Ricarda Fischer aus Bernhausen. Sie ist da, weil sie zu 100 Prozent vertrete, was hier vorgetragen wird. „Ich bin gegen Hetze und für Solidarität.“

Jeder dreht die Boxen auf Anschlag

Es bleibt friedlich. Der Disput wird in einem bizarren Lautstärke-Wettstreit ausgetragen. Jeder dreht die Boxen auf Anschlag, um die Gegenseite zu übertönen. Nur einzelne wechseln die Straßenseite, um zu schauen und zu filmen, was die anderen tun. Das heißt nicht, dass die zahlreichen Polizisten und Karin Väth, die stellvertretende Ordnungsamtsleiterin, nichts zu tun haben. Im Gegenteil. Der geplante Querdenker-Spaziergang durch den Ort wird verboten, es sind zu viele Menschen.

Gegen 18.30 Uhr, eine halbe Stunde nach dem Start am Friedensplatz, ist Karin Väth das erste Mal drauf und dran, diese Demo aufzulösen. Etliche Menschen halten die Abstands- und Maskenpflicht nicht ein. Mancher kokettiert regelrecht mit dem blanken Gesicht. Das führt zu teils wilden Wortgefechten zwischen Polizei und Demonstranten und Ordnungsamt und Veranstalter. Der versucht der Auflösung zu entgehen, in dem er immer wieder durchs Megafon zur Einhaltung der Regeln aufruft.

Viele auf der Querdenker-Seite fühlen sich zu Unrecht gegängelt. „Freiheit, Friede“, wird gerufen, „keine Diktatur“. Der Veranstalter spricht von „zweierlei Maß“. Gegenüber stehen die Menschen zwar bisweilen auch zu eng, „aber es ist besser verteilt“, so Karin Väth. Dort tragen alle Masken. Gegen 20 Uhr endet das Ganze. Für nächsten Freitag haben beide Seiten wieder Demos angemeldet.