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Unternehmen reißen sich weiter um den SPD-Politiker und bezahlen seine Auftritte fürstlich.

Berlin - Keiner der 619 Kollegen kann mit Peer Steinbrück richtig mithalten. Unternehmen reißen sich weiter um den wortgewandten SPD-Bundestagsabgeordneten und bezahlen für seine Auftritte geradezu fürstlich.

Schon auf 75 solcher Vortragsauftritte kam Steinbrück bislang während seiner ersten Wahlperiode im Bundestag. Deutsche Bank, Hypo Bank, Citigroup, Credit Agricole oder Investmenthaus J.P. Morgan, das sind nur einige der piekfeinen Adressen, bei denen der frühere Finanzminister 2011 gegen Honorar vor einem ausgewählten Zirkel gesprochen hat.

Fast fünf Seiten füllen inzwischen die Selbstauskünfte des 65-Jährigen über seine diversen Nebentätigkeiten im aktualisierten Bundestags-Handbuch. Doch trotz penibler vorschriftsmäßiger Auflistung bleibt zum Teil unklar, wie viel Geld Steinbrück genau seit seinem Abschied aus dem Kabinett und dem fliegenden Wechsel als Hinterbänkler ins Parlament im Herbst 2009 so nebenbei verdient hat.

Derzeit werden nur grobe Auskünft verlangt

Grund dafür sind weiter lückenhafte Transparenzregeln, mit denen mögliche Interessenkonflikte von Politikern eigentlich aufgedeckt werden sollen. Eine 2011 von den Fraktionen in Angriff genommene Verschärfung verlief bisher ergebnislos, weil kaum jemand hat richtig Interesse daran hat.

Derzeit werden den Parlamentariern nur grobe Auskünfte abverlangt. Sie müssen sich zwar drei Stufen von Nebeneinkünften zuordnen - doch ab der dritten Stufe von mindestens 7000 Euro pro Monat oder Jahr bleibt die konkrete Summe nach oben hin völlig offen: und also im Dunkeln. Nach Angaben der Organisation LobbyControl gibt es kaum Kontrollen oder Sanktionen bei Verstößen durch die Verwaltung.

Immerhin lässt sich durch die angemeldeten Nebenher-Aktivitäten zumindest die ungefähre finanzielle Größenordnung ermitteln. Nach den geltenden Regeln kassierte Steinbrück zwischen Herbst 2009 bis Februar 2012 insgesamt mindestens 600.000 Euro (vor Steuern) für Redesaläre, Buchveröffentlichungen und anderes. Diese Einnahmen könnten nach Schätzung von Experten aber auch gut doppelt so hoch oder noch höher liegen, da an Steinbrücks „Preiskategorie“ als gefragter Redner derzeit kaum jemand herankommt.

Das gilt selbst für Norbert Lammert. Der eloquente Bundestagspräsident und Christdemokrat weist in der Liste für 2011 einen gebührenpflichtigen Vortrag bei einer Bank in Münster aus. Der wurde lediglich mit Stufe zwei - 3500 bis 7000 Euro - belohnt.

Nicht ganz so Wortgewaltige sind dabei, ihre Diäten mit anderen lukrativen Beiratsposten aufzufüllen. Über eine stetig wachsende Zahl von Mandaten bei Banken oder Consultingfirmen kann sich etwa Michael Glos (CSU) freuen. Allein als Berater des Finanzinvestors BHJ bekommt der Ex-Bundeswirtschaftsminister nach eigenen Angaben jeden Monat die nach oben offene Bundestags-Höchststufe überwiesen.

Seine frühere Staatssekretärin und CSU-Parteifreundin Dagmar Wöhrl, jetzt im Parlament auf Entwicklungshilfe spezialisiert, sitzt neuerdings auch im Verwaltungsrat der Schweizer Privatbank Sarasin. Das Institut umwirbt laut Eigenreklame wohlhabende Deutsche bei der richtigen Geldanlage.

Abgesehen von Steinbrück kommt das restliche Oppositionslager bei den attraktiven Nebenjobs eher schlecht weg. Mit Abstand dominieren Parlamentarier von CDU/CSU und FDP. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs sammelt ebenso fleißig Beiratssitze wie sein Fraktionskollege Wolfgang Bosbach, der auch dem Innenausschuss vorsitzt.

Auch weniger bekannte Namen wie der CDU-Abgeordnete Rolf Koschorrek sind erfolgreich auf ihren Spuren. Der Zahnarzt aus Dithmarschen brachte es seit 2010 auf insgesamt 26 angenommene Vortragseinladungen gegen Bezahlung. Auffällig oft kam das Geld aus der Pharma-Branche von Marktführern wie Pfizer, Novartis oder Glaxo. Koschorrek sitzt außerdem noch in mehreren Beiräten von Gesundheitsfirmen. Gleichzeitig ist er aber auch Unions-Obmann im Gesundheitsausschuss des Parlaments.

Beliebt auch bei FDP-Abgeordneten sind Unternehmen mit Staatseinfluss

Beliebt auch bei FDP-Abgeordneten sind Unternehmen mit Staatseinfluss. Als Aufsichtsrat bei der Deutschen Bahn bezieht etwa der neue Generalsekretär Patrick Döring dort die jährliche Höchststufe drei. Weiter sitzt er im Beirat der Flugsicherung und in der Verkehrsfinanzierungsgesellschaft VIFG.

Der CDU-Kollege Georg Schirmbeck bezieht laut Handbuch als Vorstandsmitglied weiter die Höchststufe bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die es eigentlich gar nicht mehr geben sollte. Der Holzabsatzfonds hatte bereits 2009 seine Arbeit eingestellt.

Clever verhielt sich Florian Bernschneider. Der Freidemokrat, der 2009 als jüngster Abgeordneter ins Parlament zog, ließ sich vor dem Wechsel garantieren, dass sein bisheriger Arbeitgeber, die Norddeutsche Landesbank, für seine Studiengebühren in Niedersachsen aufkommt. Als Vereinbarung über „künftige Vermögensvorteile“ meldete der inzwischen fertige Betriebswirt dies auch brav beim Bundestag an.