Das Foto zeigt nur einen Teil der derzeitigen Nilgans-Population in Remseck. Foto: Andreas Essig

Eigentlich ist der Neckarstrand in Remseck dafür gedacht, dass dort Menschen aus der Umgebung Erholung finden. Doch davon kann im Moment keine Rede sein. Mehr als 70 Nilgänse haben sich dort breitgemacht und verunreinigen alles.

Ein schöner Sandstrand zieht sich über gut hundert Meter am Neckar entlang. Niederlassen will sich dort aber kaum noch jemand – außer eben die gut 70 Nilgänse, die den Neckarstrand unweit des Remsecker Rathauses in Beschlag genommen haben und dort nun nach Vogelart alles mit ihren Ausscheidungen verunreinigen. Verglichen damit ist die Zahl der etwa zehn Nilgänse, die in Ludwigsburg-Hoheneck am renaturierten Flussufer zu finden sind, geradezu läppisch. Noch, muss man wohl sagen. Denn die Tiere breiten sich seit einigen Jahren überall in Wassernähe aus – und sind in kleiner Zahl auch schon am Schüsselessee im Blühenden Barock zu finden.

 
Die Nilgänse halten sich nicht an das Badeverbot. Foto: Andreas Essig

Das Problem bestehe in unterschiedlich starken Ausprägungen am ganzen Neckar, sagt Walter Braun, der Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Stuttgart. Die Schleuse Aldingen, wo die Tiere sich seit Jahren breitmachten, sei komplett „zugekackt“. Was nicht nur ein optisches, sondern zunehmend auch ein hygienisches Problem sei.

Vogelkot und kahle Felder

Die Mitarbeiter hätten zwar Sicherheitsschuhe, mit diesen müssten sie aber den Kot durchqueren, wenn sie an Bord oder ins Gebäude müssten. „Das ist eigentlich nicht mehr tragbar“, moniert Braun. Denn anders als etwa bei einem großen Schweinemastbetrieb gebe es an der Schleuse nicht überall Desinfektionsbecken. Hinzu komme: „Die Nilgänse haben keinerlei Fluchtdistanz uns Menschen gegenüber. Die gehen oder fliegen nicht wie andere Vögel auf die Seite, da muss man außenrum laufen.“

Doch nicht nur die Exkremente der Tiere sind ein Problem. Sie haben ganze Felder kahl gefressen – und nicht nur die. „Wir hatten 2019/2020 viel Baustellenbetrieb“, so Braun. „Und weil das Baufeld etwas öde war, wollte es ein Kollege mit Rollrasen schöner gestalten.“ Der Rasen sei gut zwei Wochen vorher ausgelegt worden; bei der Übergabe sei alles abgefressen gewesen. Auch aus dem Landratsamt Ludwigsburg ist zu hören, die Nilgänse würden teils spürbare Schäden anrichten, etwa durch Verkotung von Freizeitflächen oder Fraß an jungen landwirtschaftlichen Kulturen.

Auch Ministerpräsident Kretschmann sieht „ein Wahnsinnsproblem“

Als Ministerpräsident Winfried Kretschmann kürzlich bei seinem Besuch der Zugwiesen auf das Thema angesprochen wurde, sagte er, er habe die Umweltministerin angewiesen, sich systematischer der invasiven Arten anzunehmen. Die Nilgänse seien ein „Wahnsinnsproblem“. Etwas mehr Ruhe hat man laut Braun nur dort vor den Vögeln, wo sie systematisch gejagt würden: „Aber Aldingen ist befriedeter Bereich, da darf man nicht jagen.“

Laut Philipp Weber, der in Remseck für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, ist der Stadtverwaltung Remseck die Thematik mit den Nilgänsen am Neckarstrand bekannt. „Beschwerden sind bei der Stadt direkt noch keine angekommen, aber der viele Kot, den die Tiere hinterlassen, fördert die Nutzung des Neckarstrands durch die Bevölkerung nicht“, so Weber weiter. Wegen der zentralen Lage sei es besonders schwierig, etwas gegen die Tiere zu unternehmen. Die Stadtverwaltung stehe aber im Austausch mit den zuständigen Jagdpächtern.

Nilgänse dürfen bejagt werden – eigentlich

Baden-Württemberg ist eines von derzeit neun Bundesländern, in denen Jäger für eine Dezimierung der ursprünglich aus dem nördlichen Afrika stammenden und als Ziervögel nach Europa gelangten Nilgänse sorgen dürfen. Doch das ist nicht so einfach.

Eine Bejagung im Stadtgebiet sei schwierig in der Durchführung und zudem nur mit einer Ausnahmegenehmigung der unteren Jagdbehörde möglich, teilt das Landratsamt mit, das auf von der EU genannte Gegenmaßnahmen verweist. Allenfalls eine sehr begrenzte Bejagung von Einzeltieren zur Vergrämung der anderen sei je nach Örtlichkeit möglich. Man könne die Gänse auch in unregelmäßigen Abständen verscheuchen, was sehr zeitaufwendig sei, alternativ täglich Autos, Maschinen oder Geräte abstellen oder beispielsweise Flatterbänder und Vogelscheuchen einsetzen oder ähnliche Maßnahmen ergreifen. Es stellten sich jedoch sehr schnell Gewöhnungseffekte ein.

Pflanzen und Tiere – Überblick zu invasiven Arten

  • Invasive Arten, die die biologische Vielfalt bedrohen, sind nach einer Liste der Europäischen Union definiert. Darin sind unter anderem Nilgänse, Waschbären, Nutrias und Grauhörnchen aufgeführt.
  • Unter den Pflanzen, die wild lebend in Deutschland nachgewiesen, sind es der Götterbaum, Riesenbärenklau und der Himalaja-Bergknöterich.
  • Nach Angaben des Nabu Deutschland sind rund 168 Tier- und Pflanzenarten bekannt, die nachweislich negative Auswirkungen haben.
  • In der Europäischen Union gehen Experten zufolge 1200 gebietsfremde Arten aus, von denen 15 Prozent als invasiv eingestuft werden und damit potenzielle Schäden anrichten.