Baden-Württemberg hat die größte Dichte an Bürgerstiftungen pro Einwohner. Foto: dpa/Stefan Sauer

Natascha Trutzenberg ist beim Bundesverband Deutscher Stiftungen Referentin für das Bündnis der Bürgerstiftungen. Sie erzählt, was diese auszeichnet und beschäftigt.

Waiblingen/Berlin - Der Bundesverband Deutscher Stiftungen vertritt die Interessen der rund 22 000 Stiftungen im Land. Natascha Trutzenberg ist Referentin für das Bündnis der Bürgerstiftungen.

Frau Trutzenberg, von 2001 bis 2010 gab es einen Bürgerstiftungs-Boom. Wieso?

Es gab in dieser Zeit tatsächlich eine Welle von Gründungen, was verschiedene Ursachen hatte. Unter anderem haben Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahr 2001 dazu beigetragen, die Stiftungsgründungen begünstigten. Auch die Gründung der Initiative Bürgerstiftungen, unserer Vorgängerorganisation, im gleichen Jahr hat dazu geführt, dass die Idee der Bürgerstiftung verbreitet wurde. Ein weiterer Grund ist, dass man in der Zeit vor der Finanzkrise nicht in gleicher Weise wie heute mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, Geld war vorhanden.

Wo gibt es die meisten Bürgerstiftungen?

Baden-Württemberg hat die größte Dichte an Bürgerstiftungen pro Einwohner mit Stuttgart als starkem Zentrum und den umliegenden Ortschaften.

Bürgerstiftung ist nicht gleich Bürgerstiftung. Was ist der Unterschied?

Unsere Zielgruppe sind die Bürgerstiftungen, deren Satzung den „Zehn Merkmalen einer Bürgerstiftung“ entspricht. Demnach ist eine Bürgerstiftung eine unabhängige, autonom handelnde, gemeinnützige Stiftung von Bürgern für Bürger mit möglichst breitem Stiftungszweck. Sie engagiert sich nachhaltig und dauerhaft für das Gemeinwesen in einem geografisch begrenzten Raum und ist in der Regel fördernd und operativ für alle Bürger ihres definierten Einzugsgebiets tätig. Diese Stiftungen können sich für ein Gütesiegel bewerben, eine Jury prüft dann anhand eines Prüfkatalogs, ob die Bürgerstiftung die zehn Merkmale erfüllt. Die Jury wirft zum Beispiel einen Blick darauf, wer im Vorstand vertreten ist. Wenn dort nur Leute aus einer Partei sitzen, wäre das problematisch.

Besteht die Gefahr, dass das Engagement von Bürgerstiftungen Kommunen als Anlass dient, sich zurückzuziehen?

Das ist ein bekannter Vorwurf. Ein Restrisiko besteht immer, aber man muss auch sehen, dass eine Bürgerstiftung das von ihrer finanziellen Ausstattung her gar nicht leisten kann, man muss sie vielmehr als Ergänzung oder Impulsgeberin sehen. Es ist nicht realistisch, dass eine Kommune etwa sagt: Wir ziehen uns völlig aus der Frühförderung für Kinder zurück.

Mit welchen Problemen kämpfen die Bürgerstiftungen im Moment?

Niedrige Zinsen sind ein großes Problem für die Bürgerstiftungen. Aber auch der Generationswechsel treibt etliche Bürgerstiftungen um. Denn viele, die sie gegründet haben, kommen nun in ein Alter, in dem sie Nachfolger suchen. Diese zu finden ist mitunter schwierig.