Larissa und René Greiner ziehen weg aus Korb und renovieren in Murrhardt. Foto:  

Sogar im Remstal sind Immobilienpreise so hoch, dass sich selbst Doppelverdiener nur schwer Wohneigentum leisten kommen. Ein junges Paar hat nun die Landflucht in den Schwäbischen Wald gewagt – ein Geheimtipp.

Murrhardt - Bis dato haben René und Larissa Greiner in Korb gelebt. Eigentlich wären die beiden 26-jährigen Akademiker – er ist Landschaftsökologe, sie Sozialarbeiterin – auch ganz gerne geblieben in dem idyllisch am Rande des Remstals gelegenen Ort. Sie mussten ihre Wohnung aber aufgeben, der Besitzer habe Eigenbedarf angemeldet. Was also tun? Eine neue Mietwohnung suchen? Oder doch lieber ein Häuschen bauen oder ein älteres kaufen?

Schnell war klar: Im Remstal sind die Preise viel zu hoch, auch für Doppelverdiener wird es immer schwieriger, Wohneigentum zu erwerben. Vor Kurzem hat das Paar dann doch ein Haus gekauft, kein Häuschen. Die ehemalige Scheune aus dem 19. Jahrhundert steht aber mitten in Murrhardt. Sie wurde vor rund acht Jahren von den damaligen Besitzern in ein schmuckes Wohnhaus umgebaut und hat jetzt rund 170 Quadratmeter Wohnfläche. Die Technik ist fast neu, das Haus indes hat den Charme vergangener Tage.

Viele schöne Geschichten

Im Erdgeschoss des Hauses ist ein kleines Ladengeschäft untergebracht. Die Greiners haben für die Immobilie inklusive Minigarten rund 279 000 Euro bezahlt und nun schier zu viel Platz. Ein Freund, erzählt René Greiner und schüttelt mit dem Kopf, habe kürzlich für eine ähnliche Summe in Waiblingen eine Wohnung erworben, drei Zimmer, gut 60 Quadratmeter. Der Clou am neuen Wohnort: „Mit der Bahn brauche ich von Murrhardt bis zur Arbeit in Stuttgart-Degerloch nur ein paar Minuten länger als von Korb“, sagt René Greiner, der beim Landesjagdverband angestellt ist. Murrhardt sei mit dem Zug supergut an die Landeshauptstadt angebunden. Er laufe ein paar Minuten zum Bahnhof und könne dann schon während der Fahrt ein bisschen am Laptop arbeiten. Larissa Greiner arbeitet in der sozialpädagogischen Familienhilfe – an wechselnden Orten im ganzen Landkreis. Für sie ist deshalb relativ egal, ob sie morgens in Korb startet oder in Murrhardt.

Der Murrhardter Bürgermeister Armin Mößner kennt viele schöne Geschichten wie jene der Greiners. Die andere Landflucht: So könnte man die Entwicklung knapp zusammenfassen. Vielerorts zieht es die Menschen weg vom Lande und hinein in die Metropolen. Es gibt ganz offenkundig aber auch einen gegenläufigen Trend. Wenn die Bedingungen stimmen, wenn die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut ist, wenn die Versorgung mit schnellem Internet passt, dann lassen sich die Leute überzeugen von einem Umzug in den ländlichen Raum. Man könnte also von einer Flucht aufs Land sprechen. Mößner kommt bei diesem Thema schnell ins Schwärmen von seinem Städtchen.

Der Quadratmeter Bauland für rund 200 Euro

Er hat jede Menge tolle Zahlen parat: Voll erschlossene Bauplätze gebe es in Murrhardt für rund 200 Euro je Quadratmeter. Im Remstal müssen Bauherren ein Vielfaches davon bezahlen. In den vergangenen Jahren seien vielerorts in Murrhardt Wohnhäuser gebaut worden. „Endlich sieht man mal wieder Kräne in der Stadt.“ Die Einwohnerzahl sei in die Höhe geschnellt, von rund 13 500 im Jahr 2011 auf jetzt fast 14 200. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze sei angestiegen, von gut 3000 im Jahr 2010 auf fast 3400 im Jahr 2016. Die Stadt habe 2016 und 2017 bis dato mit Grundstückverkäufen 2,6 Millionen Euro eingenommen.

Kürzlich habe ein Ehepaar aus dem Raum Waiblingen für ein neues Wohnhaus gleich zwei Bauplätze erworben, erzählt der Schultes und strahlt. Die beiden seien ob des günstigen Preises für das Bauland bass erstaunt gewesen – und sie haben nun einen richtig großen Garten. Selbst in den Stadtteilen, etwa in Kirchenkirnberg, seien Bauplätze sehr gefragt. Viele Käufer kämen „aus dem Speckgürtel von Stuttgart“, zum Beispiel aus Ludwigsburg. In den Murrhardter Teilorten koste der Quadratmeter Bauland lediglich gut 100 Euro.

Bald Metropolexpresszüge mit W-Lan

Von der Ankündigung der Deutschen Bahn, von Dezember dieses Jahres an auf der Bahnstrecke im Murrtal die neuen Metropolexpresszüge einzusetzen, verspricht sich Mößner eine weitere „Attraktivitätssteigerung“ seiner Stadt. Die Züge sollen, so der Bürgermeister, weitgehend im Halbstundentakt fahren und mit freiem WLAN sowie Klimaanlagen ausgestattet sein.

Larissa und René Greiner erzählen, dass viele Freunde und Verwandte zunächst nicht glauben wollten, dass sie tatsächlich nach Murrhardt umziehen, „so weit weg“. Manche Bekannte haben mittlerweile schon einen Besuch in Murrhardt gemacht. Es sei gelungen, das Vorurteil, in dem Städtchen sei doch nix los, zu entkräften. In Murrhardt gebe es jede Menge Geschäfte, gute Gaststätten, ein Ärztehaus, den Waldsee quasi vor der Haustüre, viele Wanderwege – und den Bahnhof mit der guten Anbindung. Larissa Greiner sagt, ihre Eltern überlegten sich, ob sie eines Tages vielleicht auch umziehen sollten von Bietigheim nach Murrhardt, „für die Rente“.