Durchatmen unmöglich: der Smog in Neu Delhi wird immer dicker. Foto: AFP

Die Luft in Indiens Hauptstadt Neu Delhi ist giftiger als ein Euro-Eins-Diesel. Jährlich sterben Tausende Bewohner an eingeatmetem Dreck. Ein Feiertag sorgt dafür, dass alles noch schlimmer wird.

Neu Delhi - Indiens Diwali-Fest steht für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit, des Wissens über Ignoranz und des Guten über das Böse. Dem wichtigsten hinduistischen Feiertag verdankt mancher Haushalt des Landes einen Neuzugang im Wohnzimmer. Während vor der Haustür Millionen von Böllern explodierten und Tausende wegen der schlechten Atemluft zu Sauerstoffflaschen in die Krankenhäuser eilten, beschenkten sich viele Inder gegenseitig mit einer „Zunge der Schwiegermutter“.

Die „Zunge“ – gemeinhin als als Spinnenpflanze bekannt – soll leisten, was Indiens Regierung nicht schafft: die Luft im Wohnzimmer von dem Dreck reinigen, den Bewohner der Hauptstadt ständig einatmen. Auch andere Hilfsmittel sind gefragt: und Onlinehändler führen von der chirurgischen Maske bis zu dem einer Gasmaske ähnelndem „Totobobo“-Atemschutz für jedes Portemonnaie die passende Gesichtsmaske. Der indische Zweig von Amazon macht ein Riesengeschäft mit teuren, elektrisch betriebenen „Luftreinigern“, die zumindest in der guten Stube die Luft vom Schmutz säubern sollen.

Ökoböller – nie gehört!

Trotz allem herrscht seit Diwali schon wieder dicke Luft. Ausgefallene Ideen wie die Anschaffung von Wassersprühkanonen in Delhi konnten den für die Lungen so gefährlichen Feinstaub nicht mindern. Der ehrgeizige Versuch, in den Delhi umgebenden Bundesstaaten das Abbrennen von Feldern durch Bauern zu mindern, schlug fehl. Indiens Premierminister Narendra Modi lastet die Schuld für die lebensbedrohliche Luft der Verwaltung in der Hauptstadt an, weil sie nicht gegen den Autoverkehr vorgeht.

Dabei ist Delhi mit seinen 20 Millionen Bewohnern keine Ausnahme. Laut der Weltgesundheitsorganisation liegen 14 der 15 weltweit am schlimmsten verschmutzten Städte in Indien. Im Jahr 2016 starben im Land 100 000 Kinder an den Folgen der Luftverschmutzung. Und 95 Prozent aller Minderjährigen auf dem Subkontinent werden im Alltag giftigen Stoffen ausgesetzt. Immerhin: ein Urteil von Indiens Oberstem Gerichtshof ordnete an, dass während des Diwali-Fests nur umweltverträgliche Knallkörper gezündet werden dürfen. Das Urteil wurde aber missachtet, weil es die Ökoböller in keinem Laden gab.