Viele Ackerflächen im Landkreis Rastatt waren so stark mit PFC belastet, dass sie nicht mehr genutzt werden konnten. Heute wird die Ernte vor dem Verkauf geprüft. Foto: dpa

Bei Rastatt sind 644 Hektar Ackerfläche mit PFC belastet, nun erfolgte erstmals eine Untersuchung bei 348 Personen – Vor allem über das Trinkwasser sind erhöhte Mengen aufgenommen worden. Was bedeutet das für die Gesundheit?

Rastatt - Nun gibt es keine Zweifel mehr: Die Menschen rund um Baden-Baden und Rastatt sind mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien namens PFC belastet. Das ergaben die ersten behördlichen Blutuntersuchungen bei 348 Bürgern aus der betroffenen Region. Der Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hat die Ergebnisse am Freitag in Stuttgart vorgestellt. Vermutlich vor zwölf Jahren waren die PFC (poly- und perfluorierte Chemikalien) auf 644 Hektar Acker ausgebracht worden, nach derzeitigem Erkenntnisstand über belastete Papierschlämme; vor fünf Jahren wurde die Verunreinigung erkannt. Doch die Stoffe waren schon in Obst und Gemüse – und ins Trinkwasser gelangt.

Bei jenen untersuchten Personen, die belastetes Trinkwasser zu sich nahmen, lag der durchschnittliche Wert bei 15,6 Mikrogramm pro Liter Blut. Bei einzelnen Personen könnte er aber deutlich höher sein; der Abschlussbericht wird erst im Dezember erscheinen. Einen Grenzwert gibt es erst seit zwei Jahren, er liegt bei zwei Mikrogramm pro Liter. Selbst im Schnitt wurde der Grenzwert also um das Achtfache überschritten. Früher galten aber auch zehn Mikrogramm als unbedenklich. Das zeigt, dass die Experten bis heute unsicher sind, wie sie PFC einschätzen sollen und welche Langzeitrisiken diese bergen.

PFC hat sich im Blut kaum abgebaut

Jene Gruppe, die belastetes Obst und Gemüse zu sich genommen hatte, lag im Schnitt bei 2,3 Mikrogramm pro Liter Blut. Die Aufnahme in den Körper war also deutlich geringer. Die Vergleichsgruppe ohne direkte Belastung hatte immer noch einen PFC-Wert von 1,7 Mikrogramm pro Liter. Diese wasser- und fettabweisenden Stoffe werden eben bis heute in vielen Produkten, von Papier bis Kleidung, eingesetzt.

Einen erheblichen Anteil daran, dass es diese Blutuntersuchungen nun gab, hat die Bürgerinitiative Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim. Sie hatte jahrelang Druck ausgeübt. 13 Mitglieder der Initiative hatten sich bereits 2015 und 2016 zwei Mal untersuchen lassen. Ein bedenkliches Ergebnis damals war, so der Sprecher Andreas Adam, dass das PFC in dem einen Jahr kaum abgebaut worden war. Insofern ist er skeptisch, ob sich nun bessere Resultate ergeben; alle 13 Personen haben erneut teilgenommen. Der höchste Wert lag damals bei 64 Mikrogramm pro Liter.

Die örtlichen Wasserversorger haben teils Millionen von Euro investiert, um das Trinkwasser PFC-frei zu bekommen. Brunnen wurden stillgelegt, Ersatzleitungen von anderen Versorgungsgebieten gezogen, vor allem aber hat man Aktivkohleanlagen gebaut, um das Wasser filtern zu können. Der Wasserpreis stieg deshalb für die Einwohner deutlich an, für die Rastatter Bürger allein im vergangenen Jahr um mehr als 13 Prozent. Aber immerhin dürfte die Gefahr, weiter belastetes Wasser zu erhalten, mittlerweile ausgeschlossen sein. Andreas Adam kritisiert aber den Wasserversorgungsverband Vorderes Murgtal, der auch Adams Wohnort Kuppenheim mit Trinkwasser beliefert. Dort werde weiterhin PFC-haltiges Wasser zugemischt. Der PFC-Gehalt des Wassers liege zwar klar unter dem Grenzwert, aber angesichts der ganzen wissenschaftlichen Unsicherheiten fordert die Initiative weiterhin, den betroffenen Brunnen stillzulegen. Eine Ersatzleitung von Gaggenau sei zumindest geplant.

Obst und Gemüse wird vor dem Verkauf kontrolliert

Claudia Krüger, die Sprecherin des Landesgesundheitsministeriums, spricht dagegen davon, dass die Belastungsquellen beseitigt seien. Insgesamt lägen die Werte nicht über denen von vergleichbaren PFC-Schadensfällen in anderen Bundesländern, etwa im Landkreis Altötting, wo ein Chemiepark bis 2004 PFC verwendete, das über die Luft auch in die Umwelt gelangte. Was Obst und Gemüse anbetrifft, so werden am Rhein seit einigen Jahren alle belasteten Äcker kontrolliert – nur wenn in den Ernteprodukten kein PFC nachgewiesen wird, darf es vermarktet werden.

Die bisherigen Teilnehmer an der Blutkontrolluntersuchung sollen in den Jahren 2020 und 2023 zu weiteren Analysen eingeladen werden. Man will prüfen, wie sich die PFC-Werte entwickeln.