Auf vielen Dächern sorgen Solarpaneele dafür, dass bei der Stromgewinnung CO2 eingespart wird. Foto: dpa/Marc Müller

Seit 29 Jahren speist Reiner Breitfeld aus Stuttgart-Möhringen Solarstrom ins öffentliche Netz ein. Das soll ihm bald nicht mehr möglich sein. Bundesweit sind 18 000 Menschen in derselben Situation.

Möhringen - Reiner Breitfeld war damals einer der ersten Stuttgarter, die privat erzeugten Solarstrom ins öffentliche Netz eingespeist haben. Seit fast genau 29 Jahren leisten die 23 Quadratmeter mit Fotovoltaik auf seinem Dach gute Dienste. Reiner Breitfeld ist stolz auf seine „Oldtimer-Solaranlage“, wie er sie liebevoll nennt. Doch ob die beiden eine gemeinsame Zukunft haben, ist ungewiss.

Da der Möhringer mit dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 einer der Ersten war, der von der geförderten Einspeisevergütung profitierte, ist er nun einer der Ersten, bei dem diese 20-jährige Vereinbarung endet. Bundesweit sind etwa 18 000 Betreiber privater Solaranlagen in der gleichen Situation wie Breitfeld.

„Das waren im Prinzip die Pioniere“

Das „Worst-Case-Szenario“, wie Jörg Sutter es nennt, wäre, dass zum Ende des Jahres diese 18 000 Solaranlagen stillgelegt werden müssen. Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie kann nur den Kopf schütteln, wenn er sieht, wie die Regierung mit den Betreibern solcher Anlagen umgeht. „Das waren im Prinzip die Pioniere vor 20 Jahren, ohne sie hätte es den Aufschwung in diesem Bereich nicht gegeben, und die Fotovoltaik-Technik wäre heute nicht so weit“, sagt Sutter. Seit zwei Jahren mache der Verein Druck, dass rechtzeitig eine Anschlussregelung an das EEG gefunden werde.

Denn im aktuell geltenden Gesetz sieht es so aus: Wer wie Reiner Breitfeld seit 20 Jahren die Einspeisevergütung für privat erzeugten Solarstrom bezieht, muss nach Ablauf dieser Frist damit aufhören. Einfach so den Strom weiter einspeisen, ist nicht möglich, da der Netzbetreiber – in Breitfelds Fall die Stuttgart Netze – gar keinen Strom mehr von solchen Anlagen abnehmen darf. Gibt es bis zum Jahresende keine Anschlussregelung, ist die Abschaltung der Anlage die einfachste Lösung, um eine illegale Einspeisung des Stroms zu umgehen.

Anfangs haben sie den Sonnenstrom selbst verbraucht

Als sich Reiner Breitfeld 1991 seine Fotovoltaikanlage angeschafft hat, haben er und seine Frau den meisten Strom noch selbst verbraucht. „Damals haben wir unser Verhalten nach der Sonne gerichtet“, sagt Marion Breitfeld, „wenn es sonnig war, haben wir Wäsche gewaschen, staubgesaugt und Kuchen gebacken“. Über den Teil des Stroms, den sie damals schon ins öffentliche Netz eingespeist haben, hat Reiner Breitfeld regelmäßig Rechnungen an den damaligen Netzbetreiber geschrieben.

Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz hat sich dann einiges verändert: Die Breitfelds haben ihren ganzen Strom ans Netz abgegeben, die Vergütung kam automatisch. Pro Jahr sparen sie damit nach eigenen Angaben etwa 1700 Kilogramm CO2 ein. Über all die Jahre haben sie 58 000 Kilowattstunden eingespeist und damit etwa 46 000 Kilogramm CO2 gespart. „Ich sage immer: Kleinvieh macht auch Mist“, sagt Reiner Breitfeld, „man muss doch überall gucken, wo man CO2 einsparen kann“.

Für Selbstnutzer entstehen Kosten

Es ärgert ihn, dass ihm diese Möglichkeit nun genommen werden soll. Zwar gibt es einen Entwurf für ein neues EEG. Allerdings ist einerseits unklar, ob das noch in diesem Jahr und damit rechtzeitig verabschiedet wird, andererseits bietet es für die Betreiber nicht wirklich attraktive Alternativen, meint Jörg Sutter. „Mit dem neuen Gesetz könnten die Betreiber weitere sieben Jahre ihren Strom einspeisen, aber nach unseren aktuellen Rechnungen würden sie dafür etwa 2,5 Cent pro Kilowattstunde bekommen“, sagt er, „das reicht nicht einmal, um den Zähler und die Versicherung der Anlage zu bezahlen“. Auch wer seinen Strom künftig selbst nutzen möchte, müsste sich erst in Kosten stürzen. „Leuten, die so bei der Energiewende helfen, müsste man doch wenigstens eine schwarze Null anbieten“, sagt Jörg Sutter.

So sieht es auch Reiner Breitfeld. Für ihn kommt es nicht in Frage, dass er noch einmal in seinen Oldtimer investiert. Das könne er sich nicht leisten. Dass die Alternative aber ein kompletter Abbau der Anlage ist, darüber regt er sich auf. „Die Anlage sollte weiterlaufen, schon allein wegen der Umwelt“, sagt er.