Tim Röttgen ist mit Greifzange und Müllbeutel in der Stadt unterwegs. Foto: Michael Käfer

Tim Röttgen, 8 Jahre, möchte die Mischung aus Jogging und Müllsammeln in Fellbach verbreiten. Die Idee stammt ursprünglich aus Stockholm und ist inzwischen in Schweden ein Trend. Auch ein guter Freund und seine Klassenlehrerin machen mit.

Fellbach - Einen Steinwurf von einem Fellbacher Schnellrestaurant entfernt liegen dessen Hinterlassenschaften im Gras. Ausgestattet mit einer Greifzange und einem Müllbeutel schnappt sich Tim Röttgen den Getränkebecher und sammelt ihn ein. Danach geht es im flotten Schritt zum nächsten Abfallfund, den unachtsame Bürger einfach weggeworfen haben. „Ich finde es schön, die Umwelt sauber zu halten“, sagt der Achtjährige.

„Plogging“ heißt der sich von der Hauptstadt Stockholm auf ganz Schweden verbreitende Trend. Eine Mischung also von Plocka, was im Schwedischen pflücken oder sammeln bedeutet und dem eingedeutschten Begriff Jogging. Sich fit halten und gleichzeitig die Umwelt von Wohlstandsmüll zu säubern ist die Idee, von der Tim im Kinderfernsehen erfahren hat.

Der viele Müll hat auch sportliche Auswirkungen

Zusammen mit seinem guten Kumpel und Klassenkameraden Bedirhan Murat hat er sich gleich danach auf die erste Kids-Ploggingtour gemacht. Nach einer halben Stunde war Schluss, denn die Strecke von seiner Wohnung im Fellbacher Silcherweg bis zur Zeppelinschule hat gereicht, um den 30-Liter-Müllsack zu füllen.

Der viele Müll hat auch sportliche Auswirkungen. Statt wie in Schweden zwischen einer vermüllten Parkbank und der nächsten Coladose eine längere Strecke laufen zu können, ähnelt das Plogging im Fellbacher Stadtgebiet eher einem intensiven Intervalltraining: Kurze Sprints reihen sich in schneller Folge aneinander.

Tim, der inzwischen mehrere Mitsammler gefunden hat, geht es aber nicht nur um die Optik und die sportliche Fitness: „Ich mache das auch, damit die Tiere das nicht fressen.“ Aufgeschreckt hat den Besitzer dreier Meerschweinchen der Bericht in einer Zeitschrift. Darin wurden Vögel wegen ihres Mageninhalts als „fliegende Mülleimer“ bezeichnet. Dramatische Fotos vom verschluckten Abfall haben den jungen Fellbacher entsetzt. Dieses schmerzhafte und mitunter tödliche Schicksal will der Schüler der Klasse 2c der Fellbacher Zeppelinschule den Tieren in seiner Umgebung ersparen.

Längst hat Tim Röttgen, der auf weitere Mitsammler hofft, seine Betätigung professionalisiert

Begeistern konnte Tim schnell auch seine Klassenlehrerin Stephanie Paul. Die sportliche Pädagogin, die beim letztjährigen Fellbacher Stadtlauf unter 101 Teilnehmerinnen Rang vier belegt hatte, macht üblicherweise auch einen Klassenausflug zum Stuttgartlauf. In die körperliche Vorbereitung darauf ließe sich das Plogging integrieren.

Längst hat Tim Röttgen, der auf weitere Mitsammler hofft, seine Betätigung professionalisiert. Um sich nicht ständig bücken zu müssen und gleichzeitig den Körperkontakt zum Müll zu vermeiden, hat er sich für zwei Euro eine Greifzange gekauft. Mit ihr packen er und seine Freunde neben Getränkedosen und Verpackungsresten aller Art vor allem massenhaft Zigarettenkippen in den Müllsack. „Mir ist es wichtig, dass man von klein auf ein Bewusstsein für den Umweltschutz schafft“, sagt Tims Mutter Silke.