Der Minister (vorn) besucht die tierischen Landschaftspfleger. Foto: factum/Bach

Der Umweltminister Franz Untersteller tourt durchs Land, gleichsam um die Erfolge seiner eigenen Politik zu besichtigen.

Herrenberg - Eine Tafel informiert Wanderer, dass „Streuobstwiesen ein Stück vom Paradies“ sind. Dahinter erstreckt sich gleichsam der Beweis, eben eine Streuobstwiese. Des Wanderers Ohr wird allerdings Mühe haben, das Hintergrundgeräusch mit dem Ausblick in Einklang zu bringen, denn von drunten im Tal dröhnt der Verkehrslärm der A 81 den Herrenberger Mönchberg hinan. Darum geht es bei diesem Termin: „In einem Industrielandkreis intakte Landschaften zu erhalten.“ So sagt es der Landrat Roland Bernhard.

Neben ihm steht der Landes-Umweltminister. Franz Untersteller tourt derzeit durchs Land, gleichsam um sich die Erfolge seiner eigenen Politik erklären zu lassen. Gestern hat er eine Moorlandschaft besichtigt, vorgestern Trockenwiesen. Heute erzählt ihm Monika Rieger von den Erfolgen des Projekts „Life rund ums Heckengäu“. Life steht für ein EU-Programm und ist das Kürzel für „L’Instrument Financier pour L’Environnement“, zu Deutsch: Das Finanzierungsinstrument für die Umwelt. Rieger hat das Projekt fünf Jahre lang geleitet.

Künstlich erschaffene Wiesen gelten als besonders wertvoll

Ziel des EU-Programms ist im weitesten Sinne der Naturschutz – im Heckengäu aber entgegen dem allgemeinen Verständnis des Wortes. Dort wird nicht die Natur geschützt, sondern künstlich erzeugte Kulturlandschaft vor der Natur. Vom Menschen geschaffene Streuobstwiesen und Magerweiden gelten als besonders wertvoll für den Artenschutz. Im Projektgebiet lebt die Gelbbauchunke oder der Kammmolch, auch seltene Fledermausarten sind heimisch. Ohne Hege würde der Wald die Wiesen erobern, die Landwirte wegen ihrer Unwegsamkeit aufgegeben hatten.

Eine Wegeskurve hinter der Informationstafel lässt ein Schäfer seine Herde weiden. „Das sind unsere Landschaftspfleger“, sagt Rieger. Allerdings nicht nur. Der Versuch, allein mit Ziegen die Wiesen von Gestrüpp und Bäumen zu befreien, war gescheitert, weil die fünf Jahre Projektdauer dafür nicht gereicht hätten. Speziell ausgebildete Baumpfleger, die selbst tote Bäume schneiden, sind auf den Wiesen unterwegs. Hauptbeteiligte sind Landwirte, die Pflege-Verträge unterschrieben haben.

Das Projektgebiet verteilt sich auf 30 Quadratkilometer

Das Projektgebiet ist weit größer als die Streuobstwiesen in Herrenberg. Es verteilt sich auf 30 Quadratkilometer in vier Landkreisen, auf denen etliche EU-Vorgaben zum Arten- und Landschaftsschutz erfüllt worden sind. Deshalb war Untersteller jüngst auch in Brüssel – um zu verhandeln.

Mit den Zielen der Union sei er einig, sagt der Minister, aber „bei der Finanzierung ist noch Luft nach oben. 400 Millionen Euro fließen von Brüssel aus für den Naturschutz nach Baden-Württemberg. „Das ist zu wenig“, sagt Untersteller. „Um die Vorgaben zu erfüllen, bräuchten wir 1,3 Milliarden.“ Eine ähnliche Lücke klafft auch im Landesetat. Inzwischen bemühen sich flächendeckend Landschaftserhaltungs-Verbände um ähnliche Ziele wie das Life-Projekt. Mit der Zahl von deren Gründungen „hat die Finanzierung in letzter Zeit nicht mitgehalten“, sagt der Minister und hofft, dass die Koalition den Naturschutz-Etat im nächsten Haushalt von 60 auf 90 Millionen Euro erhöht.