Das Video der polnischen Regierung wurde schon 12,7 Millionen Mal geklickt Foto: Youtube

Die polnische Regierung verlagert ihre Kampagne zu „deutschen Todescamps“ in die sozialen Medien. Ein Youtube-Video über Konzentrationslager verstört viele Nutzer – es ist Stil eines Ego-Shooters animiert.

Warschau - Ein Mann läuft in einem animierten Film mit einem Flammenwerfer durch die Straßen. Polen wird auf einer Landkarte von Osten und Westen attackiert. Martialische Musik erklingt dazu, ein Soldat mit Waffe ist als Silhouette zu sehen, der Papst sitzt auf seinem Thron, Häftlinge in einer Zelle. Was aussieht wie ein Trailer zu Videospielen wie „Call of Duty“ ist die neuste Version der Kampagne der polnischen Regierung gegen den Begriff „polnische Todeslager“.

Schon mit seinen bisherigen Aktivitäten hat der Ministerpräsident Mateusz Morawiecki reichlich Proteste erzeugt. Etwa mit Homepages, auf denen die Botschaften zur Denunziation aufrufen sollen. Wie berichtet, sieht der Regierungschef der nationalkonservativen Partei PiS seine Landsleute zu unrecht verdächtigt, beim Holocaust als Kollaborateure aktiv gewesen zu sein – und hat sogar auf der Münchner Sicherheitskonferenz einen Eklat erzeugt, indem er von „jüdischen Tätern“ gesprochen hat.

Trailer im Stil eines Ego-Shooters

Nun gibt es zu der Aktion auch ein entsprechendes Youtube-Video – das den Sturm der Kritik allerdings nur noch weiter verstärkt hat. „Wir haben den Juden geholfen, als Bürger, als Staat, als Freunde“, heißt es in dem 30-Sekunden-Stück, das bereits 12,7 Millionen Mal geklickt wurde. „Heute sind wir auf der Seite der Wahrheit“, heißt es dann, um mit dem Hashtag #Germandeathcamps zu schließen.

Die mediale Offensive der Regierung flankiert das umstrittene Gesetz, das bis zu drei Jahre Gefängnisstrafe vorsieht, wenn jemand Polen oder den polnischen Staat mitverantwortlich macht für Nazi-Verbrechen. Doch die Kampagne stößt durch das Video auf noch mehr Widerspruch. Etwa im Forum www.resetara.com wird kritisch diskutiert, dass sich Youtube für „polnische Regierungspropaganda“ hergibt, wie ein Nutzer anmerkt. Der Nutzer SilentBob schreibt dort: „Das Video stärkt die nationalistische Politik, die auf Fremdenfeindlichkeit und Patriotismus basiert.“ Der Begriff „polnische Todeslager“ beziehe sich nur auf den Standort, nicht auf polnische Kollaboration.

Scharfe Kritik in den Foren

Auch auf der Plattform reddit.com wird heftig debattiert, viele finden das Stück „verstörend“. Der Teilnehmer Potatoekeles kommentiert zu dem neuen Video: „Polen macht gerade einen äußerst rechten Ruck, und um da nicht als böse Nationalisten da zu stehen, wird kurzer Hand gesagt, dass es keine polnischen Lager gab, kein Pole jemals Hitler unterstützt hat und die Polen nur Leidtragende waren.“ Und Julian 12981 hat eine andere Vermutung: „Mit dem Gesetz versuchen sie nur noch mal, ihre Forderungen nach Reparationszahlungen neu anzufachen und die Deutschen mal wieder zu diskreditieren.“

Die polnische Regierung hat mit dem umstrittenen Video jedenfalls einen medialen Hit gelandet. Die israelische Zeitung Haaretz berichtet, dass die polnische Regierung relativ viel Geld in die Hand genommen hat, um die Kampagne zu finanzieren. Bislang haben die Youtube-Filmchen des Ministerpräsidenten meist nur ein paar Tausend Klicks erreicht.

Trotz oder vielleicht gerade wegen des Shitstorms hat der Filmbeitrag daher wohl sein Ziel erreicht: viel Aufmerksamkeit und Beifall vom rechtsgerichteten Publikum zu Hause.

Auch Erdogan nutzt jetzt Youtube

Interessanter Nebenaspekt: Auch die türkische Regierung hat in diesen Tagen ein Video auf Youtube eingestellt, in dem sie den Einmarsch in Syrien rechtfertigt. Das Ganze kommt im Stil eines lustigen Erklärvideos daher und erklärt alle Gegner wie gewohnt zu „Terroristen“. Titel des Stücks: „Warum wir in Syrien sind.“ Immerhin 1,4 Millionen Mal wurde es bereits angeschaut.