E-Scooter sind beliebt, aber auch umstritten. Foto: dpa/Britta Pedersen

Elektroscooter seien eher Spaßmobile und keine nachhaltigen Mobilitätslösungen, heißt es aus dem Ludwigsburger Rathaus. Verbieten kann die Stadt die Roller zwar nicht. Sie setzt aber auf ein ganz anderes Konzept.

Ludwigsburg - In Stuttgart und anderen Großstädten gehören sie längst zum Stadtbild – in Ludwigsburg wird es sie auf absehbare Zeit nicht geben: Elektroscooter. Denn das Rathaus hat sich dagegen entschieden, aktiv bei den großen Anbietern der Leihflotten dafür zu werben, dass diese in der Barockstadt an den Markt gehen. Und von selbst ist bislang keines der etablierten Unternehmen auf die Verwaltung zugegangen. „Offenbar ist Ludwigsburg für diese Firmen nicht so attraktiv, dass sie von sich aus aktiv werden“, sagt Matthias Knobloch, der Fachbereichsleiter für Nachhaltige Mobilität im Rathaus.

Unglücklich über das mangelnde Interesse ist man in Ludwigsburg indes nicht: „Wir sind von diesem System nicht begeistert“, sagt Knobloch.

Auch anderswo werden die E-Scooter mittlerweile vielfach kritisch gesehen. Gleichwohl wachsen die Flotten, in Stuttgart sind derzeit 700 Leihscooter der Firmen Voi und Lime unterwegs. Die Nutzer können die Roller per Smartphone-App ausleihen und nach der Fahrt nahezu überall wieder abstellen – das Prinzip ähnelt dem Angebot von Carsharing-Anbietern wie Car2go. Mit dem Unterschied, dass die Autos auf regulären Parkplätzen abgestellt werden und daher nicht weiter stören.

Die Roller werden überall abgestellt – das provoziert Ärger

Die Roller hingegen sammeln sich auf Bürgersteigen, an Straßenecken, Fahrradständern, überall – und dieser Wildwuchs provoziert Ärger. In touristischen Hochburgen wie Paris, in denen riesige Flotten auf den Straßen sind, regt sich längst Widerstand. In Berlin demonstrierten kürzlich Fußgänger gegen die Scooter, weil diese die ohnehin begrenzten Gehwege blockieren würden und überdies zum Sicherheitsrisiko geworden seien.

Ungeachtet dieser Probleme scheint der Vormarsch der Roller unaufhaltsam weiter zu gehen. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Start in Stuttgart“, sagt das Unternehmen Lime auf Nachfrage unserer Zeitung. „Mit unseren E-Scootern wollen wir den Menschen ein weiteres Argument dafür liefern, langfristig auf ihr Auto zu verzichten.“

Die Skepsis in Ludwigsburg fußt jedoch auch darauf, dass fraglich ist, ob die elektrisch betriebenen Zweiräder tatsächlich ökologisch sinnvoll sind. „Es zeigt sich, dass sie überwiegend von Menschen verwendet werden, die ansonsten zu Fuß gehen würden“, sagt Knobloch. Die Hoffnung, dass mit dem neuen Angebot Autofahrer zum Verzicht aufs Auto motiviert werden, habe sich offensichtlich nicht erfüllt. Es handle sich eher um Spaßmobile als um echte Mobilitätslösungen.

Ein attraktives Angebot für Touristen

Dass Ludwigsburg sich überhaupt mit dem Thema befasst hat, hängt mit dem touristischen Potenzial der Barockstadt zusammen. Denn gerade bei Touristen sind die Zweiräder beliebt. „Aber die Wege in unserer Stadt sind kurz und alle unsere Sehenswürdigkeiten leicht zu Fuß zu erreichen“, sagt Knobloch. „Warum sollte jemand, der vom Bahnhof zum Blüba will, dafür einen Roller nehmen?“ Das sei wohl auch der Grund, warum die Unternehmen die Stadt noch nicht in den Fokus genommen haben. Klar sei aber: „Wenn eine Firma das hier machen will, könnten wir es nicht verbieten. Wir müssten dann versuchen, gute Lösungen zu finden.“

Anfangs gingen Experten davon aus, dass die Anbieter, sobald die Großstädte versorgt sind, auch kleinere Destinationen in den Blick nehmen – ob diese zweite Welle tatsächlich jemals in Ludwigsburg aufschlagen wird, ist momentan völlig unklar. „Wenn es nicht passiert, würden wir die Roller nicht vermissen“, sagt Knobloch.

Die Unternehmen äußern sich zurückhaltend. „Wir passen unser Angebot aktuell an die steigende Nachfrage an“, sagt Lime. Nur fünf Monate nach dem Start sei Deutschland bereits der zweitgrößte Markt für das Unternehmen – nach den USA. Das Ziel sei, „möglichst vielen Deutschen innerstädtisch die Möglichkeit zu geben, ihre Fortbewegungsart zu hinterfragen und auch umzudenken.“ Zu konkreten Expansionsplänen, etwa nach Ludwigsburg oder Esslingen, wolle man sich „aus Wettbewerbsgründen“ nicht äußern.

Die Stadt setzt auf Leihfahrräder

Ludwigsburg konzentriert sich aktuell auf andere Projekte, unter anderem den weiteren Ausbau des Radverleihsystems Regiorad. Derzeit gibt es in der Stadt sechs Verleihstationen für die Fahrräder und Pedelecs der Deutsche-Bahn-Tochter, allesamt in der City oder nah an der City. Bis Ende 2020 wird die Zahl auf zehn anwachsen, wovon dann vor allem die anderen Stadtteile profitieren sollen. Auch das Carsharing-Angebot von Stadtmobil soll ausgeweitet werden. „Wir haben schon einige weitere Standorte ins Auge gefasst“, sagt Knobloch.

Dass die Stadt dafür sorgt, dass künftig Elektroscooter durch Ludwigsburg rollen, ist trotzdem nicht ausgeschlossen – nur denkt man im Rathaus an ein völlig anderes Funktionsprinzip, konkret: an ein stationsgebundenes System, das mehr an einen herkömmlichen Rollerverleih erinnert als an das so genannte Free-Floating-System in den Großstädten. Der Gedanke ist, am Bahnhof eine Station für Elektroroller zu etablieren, die dort entliehen und dort auch wieder zurückgegeben werden.

Gedacht ist das Ganze konkret für Pendler in das Gewerbegebiet in der Weststadt, die mit der Bahn nach Ludwigsburg kommen und mit den Rollern dann schnell und einfach zu ihrem Arbeitsplatz fahren könnten. Noch handle es sich dabei lediglich um eine Idee, die man im kommenden Jahr mit den Firmen in der Weststadt diskutieren wolle, sagt Knobloch. Aber auch hierbei gelte: „Wenn die Firmen das nicht wollen, werden wir es nicht anschieben.“