Ein Hinweisschild mit Ausweisung der Energieeffizienzklasse steht in einem Großmarkt für Elektroartikel. Verbraucher sollen energiesparende Waschmaschinen, Kühlschränke und Fernseher künftig einfacher erkennen können Foto: dpa

Seit langem argwöhnen Verbraucher, dass der tatsächliche Energieverbrauch von Hausgeräten höher ist als angegeben. Eine Allianz von Verbraucherschützern und Politik könnte künftig das Testverfahren ändern.

Stuttgart/Brüssel - In die Diskussion um die Genauigkeit der Energielabel, mit dem der Stromverbrauch von Geräten klassifiziert wird, kommt Bewegung. Die europäischen Umweltschutzorganisationen EEB, Ecos und Clasp fordern, dass für das neue Energielabel, das künftig von A bis G reicht, die Tests ganz auf den alltäglichen Einsatz abgestimmt werden müssen. Rückenwind erhalten sie von einer Studie, die sie selbst in Auftrag gegeben und am Mittwoch veröffentlicht haben. Demnach sind die EU-weiten Prüfbedingungen teils nicht eindeutig und auf dem aktuellen Stand.

Das Energielabel sei zwar ein „großartiges Hilfsmittel, um Produkte zu vergleichen“, aber es sei einfach nicht akkurat, sagt Jack Hunter von der Europäischen Umweltbehörde EEB unserer Zeitung. „Eine Lücke zur Wirklichkeit“, nennt er es: „Der ganz gewöhnliche Gebrauch von Fernseher, Kühlschränken und Spülmaschinen wird bei den Tests nicht einberechnet.“

Für die Studie wurden Tests entwickelt, die die realen Nutzungsbedingungen besser erfassen sollen. So wurden bei Kühlschränken auch die Türen geöffnet und geschlossen und befüllt, was laut EU-Norm bisher nicht notwendig ist. Bei den Spülmaschinen wurde das Automatik-Programm statt wie bisher das Energiesparprogramm getestet. Fernseher liefen mit aktuellem Bildmaterial, das viel mehr Schnitte und hochauflösendere Bilder aufweist als das zehn Jahre alte offizielle Testmaterial. Das Ergebnis: Der Verbrauch lag oft zwischen 20 und 30 Prozent höher, als auf den Geräten angegeben war.

Verbraucherschützer kritisieren die mangelnde Alltagstauglichkeit der Gerätetests

Auch wenn die Macher der Studie jeweils nur wenige Modelle testeten, erhalten sie viel Rückendeckung von Verbraucherschützern. Denn diese kritisieren schon lange die mangelhafte Alltagstauglichkeit der Gerätetests für das Energielabel. Beispiel Spülmaschine: „Die Kunden erwarten, dass eine Spülmaschine in allen Programmen sparsam ist“, sagte Elke Dünnhoff von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz unserer Zeitung. Aber laut Studie seien die anderen Programme nicht notwendigerweise ebenso effizient – was im Übrigen auch für Waschmaschinen gelte, wie Dünnhoff betont.

Wie die Hersteller dabei Schlupflöcher nutzten, sei bei der von der EU vorgegebenen Test-Helligkeit der Test-Fernseher zu sehen. Diese liegt bei 65 Prozent eines jeden Modells. Um aber bei den Tests besser abzuschneiden, hätten einige Hersteller die Helligkeit künstlich heruntergerechnet, sagt Dünnhoff. Der Trick: Sie stellen die maximale Helligkeit niedriger ein, damit die Helligkeit des 65-Prozent-Wertes sinke – und damit auch der Energieverbrauch. „Damit ist die Grundeinstellung dunkler, als ein Zuschauer sie sehen würde“, betont Dünnhoff. „Die Verbraucher regeln die Voreinstellung nach oben und der Energieverbrauch steigt. Schlupflöcher wie diese gibt es eine ganze Menge. Man muss sie endlich schließen.“

Forderungen wie diese kommen auch aus der Politik. „In Zukunft müssen die Testergebnisse im Labor nachvollziehbar sein. Zudem müssen sich Tests am durchschnittlichen Verbrauch orientieren“, sagt Martina Werner, die energiepolitische Sprecherin der SPD.

Andere Politiker versuchen neue Testverfahren auszubremsen

Andere Politiker versuchen zu bremsen. Herbert Reul, Chef der deutschen Unionsabgeordneten im Europa-Parlament, räumt zwar ein, dass die Lage unbefriedigend sei – doch er habe „Bedenken dagegen, nun neue Messverfahren zu entwickeln. Der Kunde will doch an erster Stelle wissen, ob er sich für ein relativ sparsames Gerät entscheidet und nicht, wie der Verbrauch in absoluten Zahlen aussieht.“

Zu bremsen versucht man auch beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Man unterstütze grundsätzlich genauere und alltagsnähere Tests, allerdings müssten diese auch für die Überprüfung durch Dritte – die Marktüberwachung – reproduzierbar und nicht zu teuer sein, betont Werner Scholz, Geschäftsführer der Hausgeräte-Fachverbände des ZVEI. Je aufwändiger das alltägliche Nutzungsverhalten nachgezeichnet würde, desto weniger praktikabel seien die Tests. „Die Normen, um ein Energielabel für eine Waschmaschine zu testen, füllen 340 Seiten. Die Prüfung eines Geräts kostet zwischen 4000 und 5000 Euro.“

Verbraucherschützerin Dünnhoff fordert dagegen mehr Mittel für die Marktübewachung. „Es wäre wichtig, die Marktaufsichtsbehörden der Länder ausreichend personell und finanziell auszustatten, damit die die Marktüberwachung der Behörden flächendeckend möglich ist. Sonst ist es ein stumpfes Schwert.“