Gegen 18.30 Uhr setzte sich der Zug der Ganser-Befürworter durch das Wohngebiet in Leinfelden in Bewegung. Begleitet wurde er von viel Polizei. Foto: Alexandra Kratz

Der umstrittene Historiker Daniele Ganser spricht an diesem Freitagabend in der Filderhalle in Leinfelden über den Ukrainekrieg. Anhänger und Gegner demonstrieren im Vorfeld der Veranstaltung.

Alle Sicherheitsvorkehrungen sind getroffen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen hat eine Sperrzone rund um die Filderhalle eingerichtet. Dort ist es an diesem Freitag kurz nach 16 Uhr noch ruhig. Doch im Park gegenüber haben sich bereits viele Menschen versammelt. Es sind die Unterstützer des umstrittenen Historikers Daniele Ganser, der am Abend in der Filderhalle einen Vortrag unter der Überschrift „Warum der Ukrainekrieg ausgebrochen ist“ hält. Der Schweizer ist in der Vergangenheit mehrfach im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien aufgefallen, etwa rund um den 11. September oder die Impfkampagne.

Seine Anhänger haben ihre Aktion überschrieben mit „Ganser leuchtet“. Im Internet sprechen sie von einer „Friedensmahnwache“. 1000 Personen waren angekündigt. Vor Ort sind gegen 17 Uhr ungefähr 150 Menschen, aber im Lauf des Abends steigt die Zahl weiter an. „Wir sind hier im Zeichen und im Namen Daniele Ganser“, sagt die junge Frau auf der Bühne bei der Eröffnung der Veranstaltung, und es gibt viel Applaus und Trommelwirbel. Die Ganser-Fans stellen ihr Programm vor, von 18.30 bis 20 Uhr planen sie einen Aufzug durch die Stadt.

Die Polizei zeigt Präsenz. „Wir sind auf Basis der vorhandenen Erkenntnisse gut vorbereitet und mit ausreichend Kräften vor Ort“, sagt Steffen Schmidt. Er ist der Leiter des Polizeireviers Filderstadt und an diesem Abend Polizeiführer des Einsatzes in Leinfelden. Das Ziel sei es, die Versammlungsfreiheit auf beiden Seiten zu garantieren und die Veranstaltung in der Filderhalle zu schützen. Beide Seiten seien laut Ankündigung auf einen friedlichen Verlauf aus. „Wir werden unseren Teil dazu beitragen“, sagt Steffen Schmidt.

Die Gegner von Ganser agieren defensiv

Gegen 18.30 Uhr setzt sich wie geplant der Zug der Ganser-Befürworter in Bewegung. Begleitet wird er von viel Polizei. Und etwa zur gleichen Zeit beginnt die Kundgebung der Ganser-Gegner auf der Bahnhofstraße vor der Filderhalle, um die 50 Menschen sind gekommen. Das Bündnis Solidarität statt Hetze will das Feld nicht allein den Ganser-Fans überlassen. „Wir haben die Veranstaltung nicht beworben, sind keine Kooperationen eingegangen“, sagt Ralf Berti vom Bündnis und ergänzt: „Wir wollen widersprechen, darum sind wir hier. Wir haben bewusst auf das ganze Tamtam verzichtet – aus Sicherheitsgründen.“

Das Motto der Kundgebung lautet: „Keine Propaganda und Verschwörungsunternehmer auf städtischen Bühnen“. Kurze Reden halten unter anderem der Journalist und Autor Joe Bauer sowie Michael Blume, der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung.. „Dann machen wir Schluss und gehen. Das soll eine kleine, aber feine Kundgebung sein“, kündigt Berti an.

Standing Ovations für den umstrittenen Historiker

Punkt 20 Uhr beginnt Daniele Gansers Vortrag in der Filderhalle. Die Veranstaltung ist ausverkauft, knapp 1000 Menschen sind im Saal. Sie begrüßen den umstrittenen Historiker mit Standing Ovations. Zweimal 75 Minuten wird er anschließend sprechen. In der Pause und nach dem Vortrag will er Autogramme geben und Bücher signieren. Vor der Bühne im Park gegenüber der Filderhalle singen weitere Ganser-Fans, gegen 20.30 Uhr sind es aber nur noch wenige.

Monatelang hatten Ralf Berti und seine Mitstreiter versucht, den Ganser-Auftritt in der Filderhalle zu verhindern – letztlich ohne Erfolg. Oberbürgermeister Roland Klenk hatte es abgelehnt, die in der kommunalen Halle bereits genehmigte Veranstaltung wieder abzusagen. Der OB hatte dabei unter anderem auf die Meinungsfreiheit und das Grundgesetz verwiesen.

Das Bündnis ist hingegen der Ansicht, dass aufgrund der Geschäftsbedingungen der Filderhalle die Instrumente für eine Absage des Auftritts vorhanden gewesen wäre. „Viel zu früh hat sich der Oberbürgermeister, völlig unnötig, mit seiner Pro-Ganser-Entscheidung in eine Einbahnstraße manövriert, den Ältestenrat instrumentalisiert und mit einbezogen“, so Ralf Berti wenige Tage vor der Veranstaltung in einem Rundschreiben.