Ein israelischer Soldat erschießt einen verletzten palästinensischen Attentäter. Nun hat ihn ein Gericht verurteilt. Seine Anhänger reagieren teils gewalttätig.
Tel Aviv - In einem der emotionalsten Prozesse der israelischen Geschichte hat ein Militärgericht einen Soldaten wegen Totschlags verurteilt. Elor Asaria hatte einen verletzt am Boden liegenden palästinensischen Attentäter mit einem Kopfschuss getötet. Asaria habe aus Rache für einen verletzten Kameraden gehandelt, sagte die Vorsitzende Richterin Maja Heller am Mittwoch in Tel Aviv. Die Palästinenser bezeichneten das Verfahren als „Farce“ und forderten eine internationale Untersuchung von „Feldexekutionen“.
Die Verkündung des Strafmaßes wird innerhalb eines Monats erwartet. Asaria drohen bis zu 20 Jahre Haft. Mehrere Regierungsmitglieder wollen sich für eine Begnadigung Asarias einsetzen, darunter der ultrarechte Erziehungsminister Naftali Bennett.
Der Todesschuss in Hebron war von einem palästinensischen Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Betselem gefilmt worden.
Aggressive Proteste
Vor dem Militärhauptquartier protestierten am Mittwoch mehrere Hundert Menschen laut Polizei teilweise aggressiv für eine Freilassung Asarias. Demonstranten blockierten kurzzeitig die Straße. Die Polizei nahm vier Personen fest.
„Gadi, pass auf, Rabin sucht einen Freund“, riefen mehrere Menschen und drohten damit dem Generalstabschef der Streitkräfte, Gadi Eisenkot, indirekt mit dem Tod. Israels Ministerpräsident Izchak Rabin wurde 1995 von einem jüdischen Fanatiker erschossen wegen seiner Bemühungen um einen Frieden mit den Palästinensern.
Andere demonstrierten friedlich. „Ich denke, jeder hat vergessen, was in diesem Fall passiert ist“, sagte Ilana Leder, die Asaria unterstützt. „Jemand ist gekommen, um so viele Juden wie möglich zu töten.“ Man könne darüber reden, ob die Reaktion des jungen Soldaten gut gewesen sei oder nicht. „Aber dieses Kind muss nicht 15 Jahre ins Gefängnis“, sagte die 49-jährige Frau aus Aschdod.
Amir Levi war aus Jerusalem gekommen und sagte: „Er hat als Soldat seinen Job gemacht und dieses Land beschützt.“ Der 45-Jährige in Militärhose und grauem Kapuzenpulli sieht eine Vorverurteilung des Soldaten in der Öffentlichkeit.
Hartes Urteil
Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sprach von einem „harten Urteil“. Er rief aber dazu auf, die Entscheidung des Militärgerichts zu respektieren.
Der Sanitätssoldat Asaria hatte im März des vergangenen Jahres in Hebron einem am Boden liegenden Attentäter in den Kopf geschossen. Asaria sagte im Prozess aus, er habe befürchtet, dass der Palästinenser noch einen Sprengstoffgürtel unter seinem Mantel trage. Der Attentäter hatte zuvor einen anderen Soldaten mit einem Messer verletzt.
Die Vorsitzende Richterin Heller lehnte allerdings die Argumente der Verteidigung als unglaubwürdig ab. Sie bezeichnete Asarias Aussage als „sich immer wieder verändernd und ausweichend“. Der Schuss aus seiner Waffe sei tödlich gewesen für den Palästinenser. Der Mann sei „unnötigerweise“ erschossen worden. Die Verteidigung hatte auch argumentiert, dass der Angreifer schon vor dem Kopfschuss tot gewesen sei.
Palästinenservertreter kritisierten das Verfahren als „Farce und Scheinprozess“. Es sei darum gegangen, die Straftat als Tat eines Einzelnen darzustellen, teilte das palästinensische Außenministerium mit.
Internationale Untersuchtung gefordert
Der Sprecher der palästinensischen Regierung, Jussef al-Mahmud, forderte eine internationale Untersuchung von „Feldexekutionen“ von Palästinensern durch israelische Soldaten. Asaria sei nur verurteilt worden, weil die Tat auf Video aufgezeichnet worden war. Es gebe Hunderte andere Fälle von Gewalt gegen unbewaffnete Zivilisten.
Der israelische Ethik-Professor Assa Kascher forderte nach dem Urteil eine bessere Ausbildung innerhalb der Armee. „Es ist mehr Erziehung und Training für die Truppen gefordert, um sicherzustellen, dass jeder Soldat jederzeit richtig handelt“, sagte Kascher, der den ethischen Kodex der Armee mitentwickelt hat.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach nach der Gerichtsentscheidung von einem „kleinen Schimmer der Hoffnung inmitten der weit verbreiteten Straflosigkeit für unrechtmäßige Tötungen in den besetzten Palästinensergebieten“.