Die Regio Marketing soll die Vorzüge der Region wie Schloss Ludwigsburg, Stuttgarts Bibliothek oder das Weindorf ins Schaufenster stellen. Doch demnächst könnte ihr viel Geld dafür fehlen. Foto: StN

In Baden-Württembergs Gemeinden herrscht Unruhe. Immer häufiger sollen kommunale Tochterunternehmen Zuschüsse versteuern. Bund und Länder wollen jetzt Tourismusgesellschaften etwas entlasten. Alle anderen zittern weiter. Es geht um enorme Summen.

Stuttgart - Stünde ein normaler Herbst bevor, würden sich die Tourismuswerber der Region demnächst mit dem Programm für das nächste Jahr befassen. Schließlich soll der zuletzt verzeichnete Besucheransturm weiter ausgebaut werden. Doch derzeit treiben Armin Dellnitz, Chef der Regio Marketing und Stuttgart-Marketing GmbH, ganz andere Sorgen um. Er weiß schlicht nicht, ob ihm künftig eine Menge Geld fehlt.

Grund ist eine Hängepartie bei den Finanzbehörden, die seit Monaten anhält. Seit einer Betriebsprüfung bei der Regio Marketing für das Jahr 2006 steht die Forderung im Raum, dass die Zuschüsse der Träger umsatzsteuerpflichtig sein sollen. Und zwar auch rückwirkend. Allein in diesem Fall ginge es um rund zwei Millionen Euro – und weitere 328 000 Euro jährlich von diesem Jahr an. „Wir haben uns auf das Schlimmste eingerichtet, man gibt uns aber seit Januar keine verbindliche Auskunft. Wir brauchen Planungssicherheit“, sagt Dellnitz.

Damit ist er nicht allein. Wenn die Finanzämter im Land konsequent alle kommunalen Tochtergesellschaften der Umsatzsteuer unterziehen würden, ginge es laut einem Experten „um mehrere Milliarden Euro“. Der Städtetag Baden-Württemberg ist deshalb Sturm gelaufen. „Man wollte sogar besteuern, wenn eine Stadt mit der anderen kooperiert“, sagt das geschäftsführende Vorstandsmitglied Stefan Gläser, „wenn man diese Linie des Finanzministeriums beibehalten hätte, wäre es furchtbar geworden.“ Es gebe jetzt aber Bewegung: „Wir hoffen, dass sich das Thema entkrampft.“

Nachzahlungen wären so frühestens von 2010 an nötig

Tatsächlich gibt es einen ersten Lichtblick: Zumindest Tourismus- und Marketinggesellschaften soll nicht die volle Härte der Finanzämter treffen. „In diesen Fällen kann Vertrauensschutz bis Ende 2009 gewährt werden“, sagt ein Sprecher des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft. Das hätten die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen. Nachzahlungen wären so frühestens von 2010 an nötig. Zudem sollen Tochterunternehmen nicht flächendeckend kontrolliert werden: „Die Finanzämter des Landes prüfen kommunale Beteiligungsgesellschaften wie andere Unternehmen auch. Es gibt keine Anweisung des Ministeriums, hier andere Grundsätze anzuwenden oder spezielle Fälle aufzugreifen“, so der Sprecher.

Der Vertrauensschutz bezieht sich jedoch ausschließlich auf Marketing- und Tourismusgesellschaften. Alle anderen kommunalen Beteiligungen sind von der Einschätzung der jeweiligen Finanzämter abhängig. Dabei geht es darum, ob es sich um echte, steuerfreie Zuschüsse der Träger handelt. Laut aktueller Rechtsprechung bleibe für solche Fälle „nicht mehr viel Raum“, heißt es in einem Infopapier des Ministeriums für Kommunen und Abgeordnete. Im Bundesfinanzministerium heißt es zudem auf Anfrage: „Eine generelle Umsatzsteuerbefreiung von Bundes-, Landes- oder Kommunalunternehmen ist aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben nicht möglich.“ Die Finanzämter dürften also für so manche Tochterfirma noch eine Überraschung in petto haben.

Dellnitz kann der Diskussion wenigstens einen kleinen positiven Aspekt abgewinnen. Die Kommunen im Trägerverein Regio Stuttgart Marketing haben zugesichert, eventuelle Finanznöte im Falle einer Steuernachzahlung auszugleichen. „Das spricht für die erstklassige Gemeinschaft in der Region“, lobt Dellnitz. Diese Patronatserklärung gilt allerdings nur bis zum Jahresende. Was danach passiert, wissen nur die Finanzbehörden. Vielleicht bis zum Herbst.