Schon seit 1992 auf dem Markt, in zwischen aber von der Daimler-Tochter Car2go bedrängt: Stadtmobil. Foto: Peter-Michael Petsch

Die Daimler-Tochter Car2go mit ihren elektrisch betriebenen Smart bremst das Wachstum der Autoteiler AG Stadtmobil deutlich.

Stuttgart - Viele Jahre war die gemeinsame Nutzung von Autos Idealisten überlassen. Die wurden ein wenig schräg beäugt. Inzwischen haben Autokonzerne und Mobilitätsanbieter wie die Bahn den Markt entdeckt und aufgerollt. In Stuttgart gibt die Daimler-Tochter Car2go mit ihren Elektro-Smart den Platzhirsch und hält den Erzrivalen BMW mit dem ähnlichen Konzept Drive Now (mit Vermieter Sixt) draußen. Die Bayern sagen, sie wollten nur in Städte über 750 000 Einwohner und ins Ausland.

Die Kleinstwagen-Flotte mit dem Stern im Rücken bremst noch andere. Das Wachstum von Stadtmobil, der AG mit Vereinshintergrund, die schon 1992 in Stuttgart die ersten beiden Leihfahrzeuge bereitstellte, ist heftig eingebrochen. Alleinvorstand Ulrich Stähle muss die ehrgeizigen Ausbaupläne zusammenstreichen. Eine neue Strategie wird gesucht. Bei Stadtmobil müssen die Leihfahrzeuge anders als bei Car2go wieder an die Mietstation zurückgefahren werden. Eine Aufnahmegebühr ist fällig, dazu eine Monatsrate, die im Tarif Classic elf Euro beträgt, wenn 550 Euro Kaution hinterlegt wurden, ansonsten sind es 15 Euro. Das billigste Fahrzeug kostet 1,80 Euro die Stunde und mindestens 18 Cent pro Kilometer.

Der Angriff von Flinkster wurde abgewehrt

Als die Bahn-Tochter Flinkster 2009 erstmals ihre Mietautos in Stuttgart anbot, hielt Stadtmobil mit dem Ausbau in die Fläche dagegen und parierte so den Angriff. „Es gab damals einen Impuls für das Carsharing, das haben wir auch mit Car2go wieder erwartet“, sagt Stähle. Inzwischen kooperiert Flinkster in Stuttgart mit dem Daimler-Ableger. Die Branche wächst aber nicht nur. In Wien streicht die Bahn-Tochter Ende März die Segel. Auf dem bundesweit hart umkämpften Markt zieht Volkswagen die Notbremse. Ebenfalls im März wird das Angebot in Hannover (Quicar) nach viereinhalb Jahren beendet.

Den weiteren Impuls für das Carsharing hat Car2go im November 2012 in Stuttgart gesetzt. Inzwischen ist das Unternehmen mit 500 rein elektrisch betriebenen Zweisitzern am Markt. Die Nutzerzahl wuchs stark. „Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden“, sagt Unternehmenssprecher Herbert Euler. Bis Oktober 2015 hatten sich 50 000 Menschen registriert, aktuell sind es schon 54 000. „Freefloating Carsharing spielt eine gewichtige Rolle im urbanen Mobilitätsmix“, stellt Euler fest. Freefloating heißt: Der Wagen kann nach der Miete überall abgestellt werden, der Nutzer erhält aber einen Schwaben-Bonus, wenn er das Wägelchen bei einer Batteriefüllung unter 50 Prozent an die Ladesäule koppelt. Das bringt zehn Freiminuten auf das Konto. Die Fahrminute kostet 29, die Parkminute 19 Cent, ein Tag 59 Euro. Ein Drittel der Kunden ist weiblich, die Hälfte aller Kunden unter 40 Jahre alt – für Daimler ein Traumwert.

Car2go hat enormes Wachstum

Der Erfolg der flotten Elektroflitzer scheint am Erfolg von Stadtmobil zu nagen. „Car2go nimmt uns einen Teil unseres Wachstums weg“, sagt Ulrich Stähle. Die Rate von jährlich zehn bis 20 Prozent sei auf zwei bis drei Prozent eingebrochen. Zwar gab es 2015 rund 600 neue Kunden und damit insgesamt 9772, geplant waren aber 10 000. Und der Umsatz je Fahrzeug, die eigentliche Zählgröße, ging zurück. Dabei stützen schon bisher Standorte in dicht bebauten Stadtteilen wie dem Westen und Süden Stuttgarts Standorte in der Region.

Finanziell steht die Stadtmobil AG solide da, doch der eingeschlagene Kurs, bis 2020 rund 800 und damit gegenüber heute etwa 280 Fahrzeuge mehr am Start zu haben, muss korrigiert werden. Stähle will auf die Bremse treten und 2016 nur bis zu 15 Wagen beschaffen. Nicht nur bei der stunden- und tageweisen Nutzung, „auch mit den Urlaubsfahrten haben wir Probleme“, sagt er. Eine Ursache sei der niedrige Benzinpreis. Die AG überlegt, ihre Kilometerpreise zu senken. Das große Ziel, die Carsharing-Idee weiterzuverbreiten, soll nicht aus den Augen geraten. „Wir sehen uns als Ergänzung zum Nahverkehr, zu Bus und Bahn“, so Stähle. Wer bei Stadtmobil einsteige, verzichte dafür in aller Regel dauerhaft auf das eigene Auto.