Mit Video-Umfrage - Der Extremismusforscher Hajo Funke an der Freien Universität Berlin über den richtigen Umgang mit der Pegida-Bewegung.

Berlin - Herr Funke, welchen Umgang mit Pegida empfehlen Sie denn der Politik?
In den Gesprächen mit den Teilnehmern an den Kundgebungen springt einem der Frust ja formlich ins Gesicht. Da kann man anknüpfen. Das fängt in der Kommunalpolitik an. Wo es Nöte und Benachteiligungen gibt, kann man nach Lösungen suchen – etwa bei Ausbildungsproblemen. Die Menschen müssen sich ernstgenommen fühlen – wie in Oranienburg. Man muss die Bürger politisch und sozial einbinden. Das ist auch eine politische Stilfrage. Davon muss man etwas anderes strikt abtrennen: Mit dem radikalen Überschuss der Bewegung darf man sich nicht gemein machen. Die politischen Forderungen zur Zuwanderung muss man nicht übernehmen. Das wäre Schaufensterpolitik. Das zentrale Problem ist der Umgang mit den Flüchtlingen und Asylbewerbern. Dort muss man Wege finden, unter Einbeziehung der Anwohner konkrete Lösungen vor Ort umzusetzen. Zusammengefasst geht es auf allen Ebenen um einen politischen Stil der verantwortlichen Beteiligung der Bürger.
Haben Sie ein Beispiel?
Es gibt ja auch im Osten funktionierende Begegnungen mit Fremden und Asylbewerbern. Ich kenne das Beispiel Oranienburg. Dort gibt es kaum Probleme mit deren Integration. Warum nicht? Weil es einen hellwachen Bürgermeister gibt, der zwei Dinge tut: Er sensibilisiert die Stadtverwaltung dafür, diesem Thema sehr hohe Priorität einzuräumen. Und zugleich bezieht er die Anwohner ein. Er geht von ihren Problemen und Anregungen aus. Es gibt wichtige, kleine zivilgesellschaftliche Initiativen und Gruppen, die sich um die ankommenden Flüchtlinge, zumeist aus Syrien, kümmern. Es gibt also von oben wie von unten einen Dialog – immer mit dem Ziel, ein konkret anstehendes Problem zu lösen. Der muss aber eben verantwortungsvoll organisiert werden. Anders in Dresden. Dort gibt es so viel Wut gegen Asylbewerber, dass jüngst ein Hotel, das angeboten hat, als Herberge zu dienen, sein Angebot zurückziehen musste. Da ist längst etwas in der Stadtpolitik schiefgelaufen.
Ist die Ausweitung plebiszitärer Elemente in unserem politischen System eine angemessene Reaktion?
Nein, das ist nicht das Entscheidende. Wie erlebt der Bürger seine Stadtpolitik, wie wird er in seinen Anliegen berücksichtigt, wie kann er sich konkret einbringen? Darum geht es. Ängste verwandeln in Mitmachen: Das muss das zentrale Bemühen sein – und Abwertungen von oben sollte man vermeiden.