In zwei Drittel der Erbfälle geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Immobilien. Foto: dpa

Deutschland wird zum Land der Erben: „Die Eltern der Babyboomer aus den 1960er-Jahren erreichen innerhalb der nächsten Jahre ein Alter, in dem eine Erbschaft zunehmend wahrscheinlich wird“, sagt Allianz-Experte Peter Haueisen.

Würzburg - Deutschland wird zum Land der Erben: „Die Eltern der Babyboomer aus den 1960er-Jahren erreichen innerhalb der nächsten Jahre ein Alter, in dem eine Erbschaft zunehmend wahrscheinlich wird“, sagt Allianz-Experte Peter Haueisen.

Eine nie da gewesene Erbschaftswelle hat zu rollen begonnen. Sie sorgt dafür, dass Vermögen insbesondere aus den Wirtschaftswunderjahren neu verteilt wird. In zwei Drittel der Erbfälle geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Immobilien.

Da die Rechtslage hier besonders komplex ist, sorgt das in vielen Familien für Konflikte. Vor allem, wenn der Nachlass nicht rechtzeitig und wohlüberlegt geregelt wird. Und nur ein Laientestament vorliegt. „Das hält für die Erben oft böse Überraschungen bereit“, sagt Paul Grötsch, Geschäftsführer des Deutschen Forums für Erbrecht und Fachanwalt für Erbrecht in München.

In mehr als der Hälfte der Fälle (56 Prozent) werden Einfamilienhäuser vermacht, gefolgt von Mehrfamilienhäusern (22 Prozent) und Eigentumswohnungen (15 Prozent). Das geht aus einer repräsentativen Studie hervor, die Ende vergangenen Jahres von der Allianz veröffentlich wurde. Allerdings macht nur etwa jeder Vierte (27 Prozent) die ererbte Immobilie zu seinem Eigenheim. Vier von zehn Erben (40 Prozent) verkaufen sie, 15 Prozent entscheiden sich für eine Vermietung.

Dafür gibt es mehrere Gründe: „Je mobiler sich das Leben der Menschen gestaltet desto wahrscheinlicher ist es, dass die räumliche Entfernung zur geerbten Immobilie größer wird“, sagt Peter Haueisen. „Daher stellt sich zunehmend die Frage, ob man das Erbe selbst bewohnen kann und möchte.“ Außerdem sind Renovierung und Modernisierung einer geerbten Immobilie oft unumgänglich. Das bringt hohe Kosten mit sich und führt dazu, dass diejenigen, denen das nötige Eigenkapital fehlt, sich lieber von dem Haus trennen.

Hinzu kommt, dass die Zahl der Alleinerben laut Allianz-Studie zurückgeht: Früher haben noch 51 Prozent der Erben ihr Erbe angetreten, ohne es mit anderen teilen zu müssen. Nun rechnen zwei Drittel der künftigen Erben damit, innerhalb der nächsten 20 Jahre eine Immobilie gemeinsam mit anderen zu erben. Wer Eigentumswohnung, Eigenheim oder Mietshaus dennoch allein nutzen will, muss seine Miterben auszahlen. Ist das aufgrund mangelnder Reserven nicht möglich, ist ein Verkauf unumgänglich. Gemeinsam ererbte Immobilien zu Geld zu machen, ist aber nur mit Zustimmung aller betroffenen Erben möglich.

Steuerlich kann ein Verkauf ungünstig sein: Denn während das selbst genutzte Familienheim unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaftsteuer befreit ist, schlägt das Finanzamt beim Verkauf voll zu und macht seinen Anteil am Erlös geltend.

Hier kommen nur die gesetzlichen Freibeträge zum Tragen. Sie hängen vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Erben ab. Nicht zuletzt deshalb rät Allianz-Experte Haueisen vom Verkauf ab: „Eine eigene Immobilie ist ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge.“ Das gelte auch für Immobilienerbschaften. „Deshalb sollte jeder Erbe sehr genau überlegen, wie er die erhaltene Immobilie verwenden will.“

Wenn etwa schon frühzeitig klar ist, dass die Kinder nach dem Tod der Eltern deren Eigenheim nicht selbst nutzen werden, lassen sich erheblich Steuern sparen. „Hier gibt es Gestaltungsmöglichkeiten“, sagt Fachanwalt Grötsch: „Zum Beispiel die lebzeitige Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt.“

Eine solche Schenkung bei Zusicherung des lebenslangen Wohn- und Nutzungsrechts erfordert allerdings eine rechtzeitige Planung. Zwar gelten für eine Schenkung die gleichen Freibetragsgrenzen wie für eine Erbschaft. Die Freibeträge können jedoch nur alle zehn Jahre geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass die Schenkung mindestens zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers erfolgen muss, damit sie die Erbmasse und damit auch die Erbschaftsteuer wirklich mindert.

Neben dem Steuervorteil haben viele Menschen auch einfach ein gutes Gefühl, wenn sie die Vermögensnachfolge schon zu Lebzeiten regeln. Allerdings sollte der Schenker dabei eine simple Grundregel bedenken: Was weg ist, ist weg . Auch wenn sich das persönliche Verhältnis in der Familie ändert, ist eine Rückforderung kaum möglich.

Ein Ausweg ist ein so genannter Rückforderungsvorbehalt. Diesen kann sich der Schenker für den Fall der Fälle zusichern lassen, indem er einen entsprechenden Schenkungsvertrag schließt. Folgendes kann beispielsweise vereinbart werden: Das übertragene Vermögen kann zurückgefordert werden, wenn das beschenkte Kind vor den Eltern stirbt, wenn es sich scheiden lässt oder wenn es sich weigert, die vereinbarten Pflegeleistungen für die Eltern zu erbringen.