Aus Aufbau wird Abbau. Die Absage des Weihnachtsmarkts trifft die Schausteller hart. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Am Montagabend stand fest: der Stuttgarter Weihnachtsmarkt ist abgesagt. Während die meisten Passanten großes Mitgefühl für die Beschicker haben, stoßen die Gründe für die Absage nicht bei allen auf Verständnis.

Stuttgart - Es passt nicht so recht zusammen, wie die Beschicker des Stuttgarter Weihnachtsmarkts am Dienstagvormittag ihre volldekorierten Stände Zweig für Zweig und Brett für Brett abbauen, während drei Musiker zwischen den Ständen beschwingt das Lied „Champs Elysées“ spielen. Oder um es mit den Worten des 41-Jährigen Theo aus Stuttgart zu sagen, der am Dienstagvormittag durch die Stadt schlendert: „Ich finde das absurd – alles was wir derzeit erleben“. Auch die 36-Jährige Stefanie aus Stuttgart wundert sich über das skurrile Treiben „Also ist es wirklich abgesagt? Ich habe mich schon gewundert.“ Obwohl sie die Gründe versteht, sei sie über die alternativlose Absage verwundert: „Niemand will ja auf einen übervollen Weihnachtsmarkt, man hätte aber ja auch die Stände einfach über die Stadt verteilen können oder so,“ lautet ihr Vorschlag.

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Besonders leid tut ihr die Absage aber nicht nur, weil sie selbst gerne einen Ausflug auf den Weihnachtsmarkt unternommen hätte: „Ich kann meinen Kindern auch so schöne Weihnachten bescheren, für die Schausteller aber tut es mir wirklich sehr leid“. Wie Stefanie geht es da vielen. Die Menschen, die am Dienstag an den fertig dekorierten Ständen vorbeischlendern haben kein anderes Thema: „Ich bin schockiert, die bauen hier alles ab“, sagt eine Frau in ihr Smartphone. Und Passant Thomas nennt den Auf- und Wiederabbau binnen kürzester Zeit: „grenzenloses Versagen“. Den Markt abzusagen fände er zwar richtig, aber „das hätten sie schon vor 14 Tagen machen sollen“, lautet seine Meinung.

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Diese Meinung teilen aber nicht alle: „Ich kann die Begründung nicht verstehen, wir sind draußen und da ist das Infektionsgeschehen viel geringer“, so der 41-jährige Theo, der nach eigenen Angaben in einem medizinischen Beruf arbeitet. Darüber hinaus habe er sich schon sehr auf den Weihnachtsmarkt gefreut: „Ich bin hier geboren und aufgewachsen, seit 41 Jahren gehört der Weihnachtsmarkt für mich dazu.“ Auch dass er mit seinem zweieinhalb Jahre alten Sohn in diesem Jahr nun nicht mit dem „Bähnle“ fahren könne, findet er schade.

Der Punsch wird nun daheim getrunken

Verständnis für die Politik und die Absage hat hingegen Dieter aus Echterdingen, der mit Enkeltochter Mia am Dienstagvormittag die noch bunt-dekorierten Buden betrachtet: „Ich verstehe die Entscheidung auf jeden Fall.“ Auch für die sehr kurzfristige Absage habe er Verständnis: „Hinterher ist man immer schlauer. Wie sagt man so schön: Hätte, hätte Fahrradkette“, so der 66-jährige der nun mit der Familie einfach daheim Punsch trinken wird. Auch Oskar und Irmgard, die für einige Tage aus Lindau nach Stuttgart gereist sind, zeigen Verständnis für die kurzfristige Entscheidung: „Ich möchte so etwas gerade nicht entscheiden,“ so die beiden. Besonders leid tue es ihnen natürlich für die Beschicker. Die Schuld für deren Leid, beziehungsweise die derzeitige Situation, sehen sie allerdings hauptsächlich bei jenen Bürgern, die bisher nicht geimpft sind: „Die nicht geimpften sind die Schuldtragenden“, so ihr Fazit.

Eigenen Weihnachtsmarkt im Hof organisieren

Die zweifache Mutter Anja aus Ostheim, die mit den Söhnen am Vormittag durch die Stadt schlendert, kann die Gründe für die Absagen aus dem Rathaus hingegen nicht ganz verstehen: „In der Winterzeit wären die Krankenhäuser auch so voll“, meint sie. Darüber hinaus habe sie sich schon auf den Weihnachtsmarkt gefreut, und natürlich tue es ihr auch für die Betriebe unendlich leid. Ob sie selbst auf den Weihnachtsmarkt gegangen wäre, wenn dieser wie ursprünglich geplant mit der 2-G-Plus-Regel stattgefunden hätte, weiß sie nicht: „Ich finde halt schon, dass man sich dann nicht ganz frei bewegen kann und mal spontan mit Kollegen noch einen Glühwein trinken kann.“ Als Ersatz überlegt sie nun, einen eigenen kleinen Weihnachtsmarkt bei sich zuhause im Hof zu feiern, damit so die Söhne Luis und Matija dann doch noch ein wenig Weihnachtsmarktluft schnuppern können.