Bitter für viele Patienten: Es fehlen wichtige Medikamente. Foto: dpa

An deutschen Kliniken fehlen wichtige Medikamente. Davon sind bundesweit 12 000 Patienten betroffen.

Berlin - Die Versorgungslage mit wichtigen Arzneimitteln ist an deutschen Kliniken noch wesentlich angespannter als vermutet. Das geht aus einer Umfrage bei Krankenhausapotheken hervor, die vom Bundesverband der Deutschen Krankenhausapotheker (ADKA) durchgeführt worden ist. Es fehle „eine unerwartete Vielzahl versorgungskritischer Arzneimittel in der Klinik“, sagte ADKA-Präsident Rudolf Bernard am Mittwoch in Berlin. Insgesamt seien Arzneimittel mit 280 verschiedenen Wirkstoffen nicht verfügbar, darunter 30, die die jeweilige Klinikapotheke als „versorgungskritisch“ einstuft. Das heißt, ein Ersatz wäre für die Patienten mit deutlichen Nachteilen verbunden.

Von den betroffenen Arzneimitteln dieser 30 Wirkstoffe meldeten die Hersteller nach Angaben Bernards aber nur acht an das Bundesinstitut für Arzneimittel, das eine Liste von Medikamenten mit aktuellen Lieferengpässen führt, die auf freiwilligen Meldungen beruht. Rechnet man das Ergebnis der Umfrage auf ganz Deutschland hoch, waren nach Angaben Bernards im Februar 12 000 Patienten von den Engpässen betroffen. „Es fehlen wichtigste Arzneimittel, es wird von den Verantwortlichen nicht transparent gemacht, und das Ganze hat keinerlei Konsequenz für die Hersteller“, sagte Bernard.

In den öffentlichen Apotheken gibt es weniger Engpässe

Auch Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, übte Kritik: Die Zahlen verdeutlichten, dass die Arzneimittelhersteller das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Meldung von Versorgungsengpässen ausnutzten, um ihre Lieferfähigkeit besser darzustellen als sie sei. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin sprach Christopher Hermann, Vorstandschef der Südwest-AOK, von „Intransparenz in der gesamten Lieferkette“. Eine von seiner AOK vorgelegte Studie des Forsa-Instituts zeigt, dass es sich vor allem um ein Problem der Kliniken handelt. In den öffentlichen Apotheken sind demnach nur bei 0,6 Prozent der abgerechneten patentfreien Arzneimittel Engpässe dokumentiert. Hermann forderte eine Verpflichtung von Herstellern und Großhändlern, „regelmäßig ihre Lagerbestände zu melden“. Bernard verlangte, „dass die Hersteller einen überprüfbaren Mindestvorrat an Arzneimitteln vorhalten“. An diesem Donnerstag soll im Bundestag ein Gesetz verabschiedet werden, das Hersteller zur Meldung von Engpässen direkt an die Klinken verpflichtet.

Bei einem Spitzentreffen von Fachpolitikern der Koalition und Apothekervertretern soll es am Donnerstag um die Zukunft des Versandhandels gehen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten. Hintergrund ist ein EuGH-Urteil, das den Versandapotheken die Gewährung von Boni erlaubt. Gröhe fürchtet langfristig Nachteile für die Versorgung des ländlichen Raums. Die SPD will das Verbot nicht mittragen.

– Kommentar: Freiheitsgewinn