Gerade wird das frühere Tabakwarengeschäft im Marquardt-Gebäude an der Ecke Bolzstraße/Königstraße zu einem Späti umgebaut. Foto: /ubo

Seit 2017 steht „Späti“ im Duden. Die Spätverkaufsstellen begründen eine neue Kiosk-Kultur und sind in Berlin Alltag. Längst ist der Trend auch in Stuttgart angekommen – im Marquardt-Gebäude soll im Mai der Schlossplatz-Späti starten.

Sich am Späti auf ein Bier zu treffen gilt als trendy. Erst kürzlich hat Stuttgarter Hofbräu am Flow & In-Späti beim Österreichischen Platz zum Afterwork-Event mit DJ 5ter Ton alias Alexander Scheffe von den Massiven Tönen eingeladen. Mit der neuen Veranstaltungsreihe, deren wechselnder Ort stets erst am Tag der Party via Instagram bekannt gegeben wird, will die Stuttgarter Brauerei „die Kiosk-Kultur im Kessel in den Fokus zu rücken“. Damit will sie zeigen, wo auf der Straße oder auf einem Platz cool was abgeht und wo man sich noch bis in die Nacht hinein Dinge zur Lebensverbesserung holen kann, wenn der Supermarkt im eigenen Viertel schließt.

Die Spätis haben sich zum Austragungsort von Stehplatz-Partys entwickelt. Motto: Wer zum Späti kommt, den belohnt das Leben. Der schlauchartige Späti 43 an der Hauptstätter Straße etwa hat bis 3 Uhr morgens geöffnet. Hier bekommt man allerhand für den späten Bedarf– auch Hundefutter, Kondome oder Vanillezucker.

Die Späti-Idee stammt aus der DDR

Frühere Generationen waren vermutlich der Ansicht, am Kiosk würden sich überwiegend Männer im fortgeschrittenen Alter mit Spirituosen eindecken. Heute aber kommen die Jungen – und es ist eher Bier gefragt. Spätverkaufsstellen stammen aus der DDR. Die üblichen Lebensmittelläden hatten gegen 18 Uhr geschlossen, weshalb sich Schichtarbeiter am Abend am Späti trafen und sich dort mit Essen und Getränken eindeckten. Laut Duden wird das Wort Späti „umgangssprachlich, besonders berlinerisch“ und vor allem maskulin verwendet. Nun aber wird der Späti auch schwäbisch – und hoffentlich niemals zum „Spätile“!

Im Mai soll der Schlossplatz-Späti eröffnen

Die Spätis sind jedenfalls zu einem boomenden Geschäft geworden, für das Unternehmer richtig viel investieren – gerade zu beobachten im denkmalgeschützten Marquardt-Gebäude an der Ecke Bolzstraße/Königstraße. Michael Heinz, bisher Inhaber von Heinz Tabak & Souvenir, baut die alten Ladenräume mit großem Aufwand und in Absprache mit der Denkmalschutzbehörde um, damit er den ersten Späti am Schlossplatz eröffnen kann – wenn alles klappt, soll’s im Mai losgehen.

Michael Heinz will mit dem Schlossplatz-Späti einerseits After-Work-Kunden ansprechen, andererseits jungen Leute, die in Clubs ziehen wollen, einen Vorglüh-Treff bieten. Wichtig dabei: Das bei ihm gekaufte Bier darf nicht im Laden konsumiert werden. Denn sonst bräuchte er eine Gaststättenkonzession samt Toiletten.

Heinz rechnet damit, dass seine Gäste mit dem, was sie bei ihm bekommen, auf der Königstraße stehen oder sich auf die neuen Schlossplatz-Bänke setzen, die nicht weit entfernt sind. Unter der Woche will er zunächst bis 22 Uhr öffnen, freitags und samstags dann bis Mitternacht. In Berlin soll es im gesamten Stadtgebiet 1000 Spätis geben – da gibt es in Stuttgart also noch Luft nach oben. Nur böse Zungen sagen, mit den Spätis sei die Stadt verspätet dran.