Der Betriebsrat der Deutschen Bahn protestiert gegen die Kürzungspläne von Rüdiger Grube, der vor allem im Gütertransport Arbeitsplätze streichen will. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von DB Cargo, Jörg Hensel, kritisiert die Pläne als „völlig inakzeptabel und verantwortungslos“
Berlin - Bei der bundeseigenen Deutschen Bahn AG droht ein heftiger Konflikt um das Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ von Konzernchef Rüdiger Grube und seinen McKinsey-Beratern, das vor allem im Güterverkehr auf der Schiene und bei Europas größter Güterbahn DB Cargo weitere heftige Einschnitte vorsieht. Unter dem Motto „Stoppt den Kahlschlag! Kein Abbau von 3000 Stellen bei DB Cargo!“ werden Betriebsräte des größten deutschen Staatskonzerns nächste Woche mit Flugblättern zu einer großen Protestdemonstration am 8. Juni vor dem Bahn-Tower in Berlin aufrufen.
An diesem Tag soll der 20-köpfige Konzernaufsichtsrat der DB AG das Sanierungskonzept Grubes billigen, dem die Arbeitnehmerseite seit fast einem halben Jahr die Zustimmung verweigert. Der Gesamtbetriebsrat und die einflussreiche Eisenbahnverkehrsgewerkschaft (EVG) vermissen eine langfristige Wachstumsstrategie für den Schienenverkehr, haben das 52-seitige Alternativkonzept „Güter-Arbeit 2030“ erarbeitet und bereits erhebliche Abstriche bei den Kürzungsplänen durchgesetzt.
Mindestens 3000 Stellen bei DB Cargo sollen wegfallen
Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von DB Cargo, Jörg Hensel, kritisiert die Pläne Grubes als „völlig inakzeptabel und verantwortungslos“. Schon jetzt herrsche Personalmangel, die Belegschaft habe bereits 800.000 Überstunden angesammelt. „Sowohl das DB-Management als auch der Bund als Eigentümer sind jetzt in der Pflicht, für die DB Cargo und den Schienengüterverkehr die Rahmenbedingungen auf Wachstum anstatt auf Arbeitsplatzabbau und Schrumpfkurs zu stellen“, sagte Hensel unserer Zeitung.
Nach Informationen des Betriebsrats sollen bis 2020 mindestens 3000 Stellen bei DB Cargo wegfallen. Die DB-Spitze nennt 2100 Jobs, nochmals 900 Arbeitsplätze weniger aber sehe die Mittelfristplanung vor, heißt es auf Arbeitnehmerseite. DB Cargo beschäftigt rund 31.000 Mitarbeiter, davon 20 000 in Deutschland und 1100 in der Mainzer Zentrale. Die Güterbahn fährt seit fünf Jahren Verluste ein, allein 2015 rund 183 Millionen Euro.
Kritiker machen dafür Missmanagement der DB-Spitze und hausgemachte Fehler, aber ebenso nachteilige, von der Politik festgelegte Rahmenbedingungen für Güterzüge im Wettbewerb mit dem Lkw verantwortlich. „Wir demonstrieren am 8. Juni für den Erhalt der Arbeitsplätze unserer Kolleginnen und Kollegen“, sagt Betriebsratschef Hensel, „aber auch für eine Zukunft des Schienengüterverkehrs, den wir in Deutschland dringend brauchen, wenn wir die Autobahnen nicht nur den Lkw überlassen wollen“.
„Ein gewaltiger Schritt in die Vergangenheit“
Der Chef von DB Cargo, Jürgen Wilder, betont, man wolle „keine Schrumpfbahn werden“. Es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Solche Kündigungen schließt bisher ein Pakt mit den Gewerkschaften aus, allerdings müssen Mitarbeiter zu bundesweiten Versetzungen bereit sein. Die DB-Spitze beteuert, man wolle mit der Güterbahn „zurück in die Erfolgsspur“ und bis 2018 wieder schwarze Zahlen schreiben.
Dafür werden nach Ansicht der Arbeitnehmerseite aber eher mehr statt weniger Mitarbeiter gebraucht. Allein in der Produktion sollen nach bisherigen DB-Plänen 781 Jobs eingespart werden, im Vertrieb 569 und durch Arbeitsverdichtung vor allem bei den Lokführern weitere 545. Die Verlagerung der Zentrale an den Flughafen Frankfurt dagegen wurde vorerst aufgegeben, der Mietvertrag für den Hauptsitz in Mainz verlängert.
DB Cargo hat zwischen 2007 und 2015 mehr als ein Fünftel des Transportvolumens an Lkw-Speditionen und andere Frachtbahnen verloren, die Mengen schrumpften von 91 auf 70 Milliarden Tonnenkilometer. 2017 sollen es laut DB-Planung nur noch 65 Milliarden sein. „Der Vorstand resigniert vor den Aufgaben und Chancen, die die DB Cargo hat“, kritisiert der Betriebsrat in seinem Alternativkonzept. Nötig seien „mehr Wachstum, mehr Beschäftigung, mehr Qualität und mehr Erfolg“. Das Konzept der DB-Spitze dagegen sei „ein gewaltiger Schritt in die Vergangenheit“.