Der neue Südwestbank-Eigentümer, die Wiener Bank Bawag, kehrt mit eisernem Besen. Die Mitarbeiter sind entsetzt ob der harten Einschnitte und des großen Stellenabbaus. Es herrscht Schockstarre.
Stuttgart - Seit knapp einem Jahr gehört die Südwestbank der Wiener Bank Bawag. Bei seinem Antrittsbesuch in Stuttgart sagte Bawag-Chef Anas Abuzaakouk, die Südwestbank sei ein Juwel. Von dem Juwel, mutmaßen Mitarbeiter dieser Tage, bleibe nicht mehr viel übrig. Denn die Bawag, hinter der der gefürchtete amerikanische Finanzinvestor Cerberus steht, hat der Südwestbank ein drastisches Sparprogramm und einen Kurswechsel verordnet.
Konkret bedeutet das: Von den 640 Mitarbeitern (2017) sollen nach Informationen unserer Zeitung Ende 2019 noch 350 übrig bleiben. Die Zahl der Filialen in Baden-Württemberg soll auf 14 halbiert werden. Der Bank, die bisher auf den Mittelstand und vermögende Privatkunden ausgerichtet war, soll ein neues Profil verpasst werden: Neues Kerngeschäft soll der Bereich Konsumentenkredite werden – einfache, günstige digitale Produkte mit überschaubarem Risiko für Privat- und Gewerbekunden. Die Eigenkapitalrendite vor Steuern, die im vergangenen Jahr zwischen 4,5 und fünf Prozent lag, soll auf 15 Prozent erhöht werden.
Die Abbauzahlen werden nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert. Vielmehr begründet Bawag auf Anfrage den harten Einschnitt mit dem Umbruch in der Bankenwelt. Mit sich änderndem Kundenverhalten einerseits, „was eine höhere Effizienz, Produktivität und Geschwindigkeit der Prozesse durch Digitalisierung erforderlich macht“, sowie mit Niedrigzinsen und Regulatorik andererseits. Der 39-jährige Bawag-Chef, ein Amerikaner und ehemaliger Cerberus-Mann, macht Tempo. Sein Credo: Die Konkurrenz sei nicht die Sparkasse aus dem Nachbarort, sondern die großen Internetkonzerne wie Google und Apple. Und hierfür müsse die Bank sich wappnen.
Verhandlungen über einen Sozialplan abgeschlossen
Mit dem Betriebsrat hat sich der neue Eigentümer auf einen umfassenden Sozialplan geeinigt, der im Wesentlichen Abfindungen und Vorruhestandsregelungen umfasst. Mitarbeiter, die keinen neuen Job finden, können sich von einer Transfergesellschaft qualifizieren lassen. „Der Betriebsrat konnte den Arbeitsplatzabbau nicht aufhalten“, sagt die Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Südwestbank Ursula Nell. „Aber wir haben aus unserer Sicht gute Konditionen ausgehandelt, die den Betroffenen etwas Zeit bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz verschaffen.“ Die Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer seien „trotz aller Härte in der Sache fair und respektvoll“ gewesen.
Die Mitarbeiter, das ist aus vielen Gesprächen zu hören, sind verunsichert. Einige haben die Bank schon vor der Vereinbarung verlassen, weil ihnen die neue Ausrichtung nicht gefällt. Seit die Bawag-Leute und die Berater von Cerberus jeden Stein umdrehen, werde vieles infrage gestellt.
Dem Vernehmen nach soll das Firmenkundengeschäft zurückgefahren werden. Die neuen Eigentümer gelten als extrem risikoscheu. Das Geschäft mit kleineren landwirtschaftlichen Kunden – hier liegen die Wurzeln der Bank – sehen die neuen Eigentümer offenbar skeptisch, es gilt als riskant. Im mittelständischen Firmenkundengeschäft werden von langjährigen Kunden plötzlich Sicherheiten nachgefordert, des Öfteren werden Kredite nicht verlängert, ist zu hören. Andere Banken öffnen die Türen für Südwestbankkunden, heißt es schon am Stuttgarter Bankenplatz.
Vertragsverlängerung für Südwestbankchef
Weiter Wachsen soll die Bank in der Vermögensverwaltung. Wenn jedoch das Firmenkundengeschäft wie geplant heruntergefahren wird, könnte das Auswirkungen auf die Vermögensverwaltung haben, befürchtet Experten. Denn die vermögenden Privatkunden kommen oft aus den Reihen der Unternehmer oder Geschäftsführer.
Südwestbankchef Wolfgang Kuhn ist mehr noch als bisher zu Kunden unterwegs – um Besorgnis über den künftigen Kurs auszuräumen, heißt es. Nach Informationen unserer Zeitung wurde sein Vertrag gerade bis Ende 2020 verlängert. Kuhn selbst stand für ein Gespräch unter Verweis auf die börsennotierte Bawag nicht zur Verfügung. Die Südwestbank wird sich „zukünftig auf organisches und anorganisches Wachstum in Deutschland fokussieren“, teilt die Bawag-Sprecherin mit. Ziel der Bawag sei, „eine relevante Marktpräsenz in Deutschland zu erreichen“. Möglicherweise, so wird in der Branche diskutiert, steht dahinter ein größerer Plan. Amerikanische Investmentfonds haben inzwischen überall auf dem deutschen Bankenmarkt einen Fuß in der Tür, sagt Hans-Peter Burghof, der an der Uni Hohenheim einen Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen hat. Ziel sei, größere Einheiten zu schaffen, um im Wettbewerb große Gewinne machen zu können. „Ob das gelingt, wird man sehen. Das ist eine Wette auf die Zukunft“, sagt Burghof.
US-Finanzinvestoren haben Einfluss in Deutschland ausgebaut
US-Finanzinvestoren wie Cerberus haben ihren Einflussbereich in Deutschland zuletzt sukzessive ausgebaut. Cerberus ist mit mindestens fünf Prozent an der Commerzbank beteiligt, mit mindestens drei Prozent an der Deutschen Bank und hat gemeinsam mit anderen angelsächsischen Investoren die HSH Nordbank übernommen. Cerberus zählt auch zu den Interessenten bei der NordLB. Über die Bawag gehört auch die Deutsche Ring Bausparkasse in Hamburg zum Cerberus-Einflussbereich. Der US-Fonds Apollo wiederum gehört zu Investoren, die die Bremer Kreditbank gekauft haben, die die Wüstenrot Pfandbriefbank, das Bankhaus Neelmeyer und die Oldenburgische Landesbank übernommen hat.
Bei der Südwestbank ist für Burghof noch nicht ausgemacht, ob das neue Profil Erfolg verspricht. „Hinter dem neuen Eigentümer steht ein amerikanischer Hedgefonds, der die Reputation einer guten Bank nutzt und ein neues Geschäftsmodell verkauft: das einer anonymen kontaktlosen Internetbank.“ Am Ende müssen die Zahlen stimmen, wissen die Mitarbeiter. Wenn nicht, dürfte der Abbau weitergehen.