Am Freitag ließ Kim Jong Un seine Grenztruppen in einen „Quasi-Kriegszustand“ versetzen Foto: dpa

Säbelrasseln begleitet jedes Jahr die gemeinsame Militärübung von Südkorea und den USA. Doch diesmal ist die Lage besonders gespannt, Nordkorea droht mit einem „umfassenden Krieg.“

Pjöngjang - Wenige Stunden vor dem Ablauf eines Ultimatums an Südkorea hat die Führung in Pjöngjang ihre martialische Rhetorik drastisch verschärft. Man sei zu einem „umfassenden Krieg“ gegen den Süden bereit, teilte das nordkoreanische Außenministerium am Samstag mit. Bis 17:30 Uhr (10:30 Uhr MESZ) soll Seoul nach dem Willen Pjöngjangs im Grenzgebiet antikommunistische Lautsprecherdurchsagen einstellen. Geschehe dies nicht, würde „ein starker militärischer Gegenschlag“ erfolgen, warnte Vize-UN-Botschafter An Myong Hun in New York. Zudem forderte sein Land den Weltsicherheitsrat zur Abhaltung einer Dringlichkeitssitzung auf.

In Südkorea gaben sich die meisten Menschen gelassen, doch ließ die Regierung den Zugang zu einer Touristenaussichtsplattform im Grenzgebiet schließen.

Spannungen und martialische Töne Pjöngjangs sind in dieser Zeit des Jahres, in der alljährlich amerikanisch-südkoreanische Manöver stattfinden, Routine geworden. Doch diesmal wird die Lage von einem Grenzzwischenfall kompliziert, bei dem zwei südkoreanische Soldaten schwer verletzt wurden. Seoul begann dann nach elfjähriger Unterbrechung an der entmilitarisierten Zone wieder, über Lautsprecher antikommunistische Durchsagen abzuspielen.

Zuletzt hatten sich beide Seiten bereits mit Artillerie beschossen. Laut Südkorea hatte der Norden zunächst gefeuert, um Drohungen wegen den Lautsprechern zu untermauern.

Manöver vorübergehend gestoppt

Am Freitag ließ Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un seine Grenztruppen in einen „Quasi-Kriegszustand“ versetzen und sorgte damit für weitere Besorgnis. Wie die amtliche Nachrichtenagentur KCNA meldete, sollten sich die Fronttruppen für Militäroperationen ab dem Abend bereit halten. Südkoreanische Berichte über die Verlegung nordkoreanischer Militärfahrzeuge mit Kurz- und Mittelstreckenraketen wurden vom Verteidigungsministerium in Seoul nicht bestätigt.

Angesichts der gespannten Lage stoppten die USA das Manöver mit Südkorea - doch nur vorübergehend. Washington werde die Situation weiter genau beobachten, sagte Pentagonvertreter David Shear.

In Südkorea schienen die Drohungen keine Panik zu verbreiten. Der Verkehr lief normal, die meisten Bürger gingen ihrem Tagewerk nach. Nordkorea erlaubte zudem am Samstag mehr als 240 Südkoreanern den Zugang zum gemeinsam betriebenen Industriekomplex in der Grenzstadt Kaesong. Allerdings blockierten südkoreanische Sicherheitskräfte den Zugang zu der von Touristen genutzten Aussichtsplattform Dora entlang der entmilitarisierten Zone.

Beobachter schätzen nun, dass eine Eskalation wegen des Ultimatums nur verhindert werden kann, wenn der Süden dem Norden eine Möglichkeit gibt, das Gesicht zu wahren.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte tiefe Besorgnis wegen der steigenden Spannungen zwischen den beiden Koreas und rief die Länder auf, in einen Dialog zur Förderung von Frieden zu treten.