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Ulrike Groos, Direktorin des Kunstmuseums zu Gast  in der Stuttgarter Galerie Friese.

Stuttgart - Ein Jahr ist die 47-jährige Ulrike Groos nun Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart. Aktuell präsentiert sie in dem 2005 eröffneten Neubau die Schau "Eat Art". Im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe "Über Kunst" äußerte sie sich jetzt über ihre weiteren Pläne.

Ulrike Groos? 1963 in Schlüchtern geboren, studierte sie zunächst Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Ethnologie in Würzburg, New York und Münster. Danach absolvierte sie ein Volontariat am Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte in Münster. Anschließend war sie unter anderem in Luxemburg und der Schweiz als Kuratorin und Dozentin tätig. Als Direktorin der Kunsthalle Düsseldorf (2002 bis 2010) präsentierte sie die vielbeachtete Retrospektive zum Werk von Blinky Palermo. In ihren Ausstellungen widmete sie sich auch ungewöhnlichen Themen: so zum Beispiel den Anfängen des Punks und New Wave sowie dem Daumenkino.

Schon vor ihrem Wechsel nach Stuttgart konnte Groos schwäbische Luft schnuppern: Sie leitete im Sommer und Herbst 2010 die 11. Kleinplastik-Triennale in Fellbach. "Der Kleinplastik haftet immer etwas Vermufftes und Niedliches an", sagt Ulrike Groos im Gespräch mit Nikolai B. Forstbauer, Kulturressortleiter unserer Zeitung, "dieses Vorurteil wollte ich aufbrechen." Schöner Nebeneffekt des Triennale-Engagements: Die Kontakte, die Groos zu Privatsammlern, Galeristen und Sponsoren knüpfen konnte, kommen ihr nun für ihre Arbeit im Kunstmuseum zugute.

In Stuttgart ist Groos erstmals für eine Sammlung zuständig. Welchen Eindruck erweckt bei ihr der Stuttgarter Bestand? "Eines der größten Probleme ist, dass Sammlungen immer austauschbarer werden", sagt sie. Und: "Ich fand es überraschend und gut, dass die Stuttgarter Sammlung auf Künstlerpersönlichkeiten zugespitzt ist." Vor allem auf Otto Dix, Adolf Hölzel und Willi Baumeister, aber etwa auch auf Dieter Roth, dessen Arbeiten aktuell Teil der "Eat Art"-Schau sind.

Mehr als 100 Besucher und ein prominent besetztes Publikum beim "Über Kunst"- Abend unserer Zeitung am Dienstag in der Stuttgarter Galerie Klaus Gerrit Friese belegen das Interesse an den Plänen von Ulrike Groos. "Mir liegt", sagt sie, "besonders das monografische Arbeiten." Im Herbst 2011 plant sie eine Ausstellung über den 2002 im Alter von nur 35 Jahren verstorbenen Maler Michael Majerus, dessen Werke Comic, Pop-Art und Digitale Kunst verbinden. Mit Majerus, der an der Stuttgarter Kunstakademie studiert hatte, verbindet Groos buchstäblich Großes: Um dessen Formaten Raum zu geben, wandert die Sammlung in den bisher den Sonderausstellungen vorbehaltenen Kubus.

Auch die Räume im Untergeschoss des Museums sollen neu strukturiert werden: Groos möchte dort unter anderem die Räume für junge Kunst erweitern. Nach Majerus plant sie eine Themenausstellung unter dem Titel "Rasterfahndung" - auch diese wird in den aktuellen Sammlungsräumen zu sehen sein. Danach bietet sich aus ihrer Sicht die Chance zur Neupräsentation der Sammlung, während bei den Wechselausstellungen das Interesse vor allem einer Schau zu Otto Dix (2012) und Willi Baumeister (2013) gelten dürfte.

Und die Sammlung? "Ich möchte keine Blöcke bilden, sondern rote Fäden schaffen, die man weiterspinnen kann", sagt sie. So hat sie beispielsweise eine Arbeit der Frischzellen-Künstlerin Katinka Bock erworben, die sich auf Willi Baumeister bezieht.

Doch nicht nur in Stuttgart ist das Kunstmuseum präsent. Auch das Otto-Dix-Haus in Gaienhofen-Hemmenhofen will betreut sein. Im Juli 2010 hat die Stiftung Otto-Dix-Haus e.V. das Haus erworben. Derzeit wird das Gebäude saniert und werden die Räume rekonstruiert.

Zurück aber nach Stuttgart. Wie beurteilt Ulrike Groos die Situation des Kunstmuseums im Stadtraum, aber auch in seinen schon vor der Eröffnung diskutierten Raumfolgen? Die zentrale Lage am Schlossplatz findet sie "einfach genial". Auch der offene Eingangsbereich mit Ausblicken in die Sammlung sei von Vorteil: "Er nimmt den Leuten die Schwellenangst." Sorgen machen ihr die Lichtplatten auf dem Kleinen Schlossplatz. Diese befänden sich nicht nur in desolatem Zustand, sondern erzeugten auch eigentümliche Lichtverhältnisse im Untergeschoss. Hierfür müsse sie schnell eine Lösung finden. Positiver stimmt sie die Stuttgarter Kunstszene: Während sich im Rheinland gerade viel auflöse, sieht sie in Stuttgart Aufbruchsstimmung. Auch für das Stuttgarter Publikum findet sie lobende Worte: Dieses ließe sich auf neue Kunstansätze ernsthaft ein, diskutiere sie aber auch heftig und kontrovers.