So werben Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys für ihr Programm „Grüß mir den Mond“ Foto: Katharina John

Ulrich Tukur und die Rhythmus-Boys führen mit ihrem Programm „Grüß mir den Mond“ im Stuttgarter Theaterhaus durch die Musik der 1920er bis 1940er und erkunden dabei den Mythos Nacht.

Stuttgart - Vier Laternen schwanken über die Bühne. Wie einsame Lichtpunkte wabern sie durch die Dunkelheit und bleiben schließlich irgendwo in der künstlichen Nacht hängen. Als die Scheinwerfer angehen, steckt dahinter jedoch kein geheimnisvoller Theaterzauber, sondern vier Männer in akkurat sitzenden schwarzen Anzügen, die ein bisschen nach Sparkassenvertretern aussehen. Einen Moment lang will man noch verwirrt die Augenbrauen hochziehen – bis sie anfangen, Glenn Millers „Moonlight Serenade“ zu spielen.

Aus seiner Leidenschaft für Musik hat Ulrich Tukur, „Tatort“-Kommissar und Charakterdarsteller mit Hang zum Unkonventionellen, nie ein Geheimnis gemacht. Schon um sein Studium zu finanzieren, trat er in Tübingen als Straßenmusiker auf. 1995 gründete er die Rhythmus Boys, mit denen er seither den Klassikern der 1920ern bis 1940ern nachhängt.

In seinem neuen Bühnenprogramm „Grüß mir den Mond!“, einer Mischung aus Konzert, Theater und Poesie, widmet sich das Kollektiv nun ganz der Nacht. Denn in der Kunst wird der Mond – ob als Sehnsuchtsfläche, Drohkulisse oder Heimat des Sandmanns – ja gerne mal zum hochtrabenden Symbol stilisiert: in einem Moment noch Untermalung für die Einsamkeit intellektueller Großstädter, im nächsten schon der stille Zeuge romantischer Spaziergänge.

Dynamisches, intelligentes Kabarett

Auf der Bühne des Theaterhauses erkunden Tukur und seine Rhythmus Boys Ulrich Mayer, Günter Märtens und Kalle Mews die Facetten dieses Mythos. Das Ergebnis ist ein überraschend dynamisches, intelligentes Kabarett in herrlich selbstironischer Monty-Python-Manier. Die Leichtigkeit, mit der die vier Musiker sich zwischen den einzelnen Stücken über sich selbst lustig machen, steckt an – und lässt gleichzeitig über den oft allzu elitären Duktus hinwegsehen, den sie beizeiten an den Tag legen. Mit ratternder Professorenstimme liest Tukur dann Gedichte von Wilhelm Busch und Joachim Ringelnatz vor, in kurzen scheinwissenschaftlichen Einschüben spricht man über die etymologische Herkunft der Gestirne – schließlich ist der Mond im Deutschen männlich, im Französischen hingegen weiblich. Und dann wäre da noch, natürlich, die alles überstrahlende Mondscheinmusik von Cole Porters „Night and Day“ bis hin zu Perer Igelhoffs „Das Nachtgespenst“.

Diese nostalgische Konzertreise ist das Herzstück des Programms – dabei ist Tukur weder ein herausragender Sänger noch ein begnadeter Pianist. Doch darum geht es an diesem Abend nicht. Denn statt sich als musikalisch virtuose Coverband zu inszenieren, verwandelt das Quartett sein Programm lieber in eine selbstreflexive, charmante Zeitreise: Vier Männer mit Gelfrisuren, schnieken Anzügen und einer Vorliebe für Jazz und Schlager – das klingt ein bisschen wie ein Kulturabend in den 40ern.

Überraschenderweise hat die überdrehte, ironisch gebrochene Nostalgie, die über all dem liegt, jedoch nichts von der typischen Kälte, die solche Konstrukte gerne mal bekommen. Der Grund dafür ist einfach: Hinter all dem hochtrabenden Nonsens schimmert stets Tukurs ehrliche Liebe zur Musik durch – und durch diese Hingabe bekommt die Performance etwas angenehm Verstaubtes, als könnten jeden Moment die Mitglieder der legendären Pfeffermühle hinter dem Vorhang hervorspringen. Auch mal schön.