Ulreich hat keine Angst vor Konkurrenzkampf mit Bernd Leno. Foto: dpa

Sven UIreich, der Torhüter des VfB Stuttgart, fühlt sich gerüstet für das Derby am Samstag.

Stuttgart - Er hat sich zum Rückhalt der Mannschaft des VfB Stuttgart entwickelt - und wird dennoch kritisch beobachtet. "Daran habe ich mich gewöhnt", sagt Torhüter Sven Ulreich vor der Partie der Roten am Samstag (15.30 Uhr/Sky und Liga Total) gegen 1899 Hoffenheim.

Herr Ulreich, die deutschen Turner sind bei der WM in Tokio nur Sechster geworden. Hätte es mit Ihnen für einen Platz auf dem Podest gereicht?
(Lacht) Ganz sicher nicht.

Aber Sie üben fleißig.
Das stimmt. Seit Januar trainiere ich zusammen mit Christian Gentner beim ehemaligen Turn-Bundestrainer Klaus Nigl im Kunstturnforum.

Wie kam es dazu? Und: Warum eigentlich?
Ich habe zusammen mit meinem Berater überlegt, was mir für meine Entwicklung als Torhüter noch guttun könnte. Da sind wir auf das Turnen gekommen.

Tut es Ihnen gut?
Absolut. Sonst würde ich es auch gar nicht mehr machen. Aber im athletischen Bereich, vor allem in Sachen Rumpfstabilität, hat mich das schon weitergebracht. Und man lernt Dinge über seinen Körper, die man vorher gar nicht kannte.

Das klingt gut. Aber die "echten" Turner müssen keine Konkurrenz fürchten?
Nein. Denn erstens bin ich für einen Turner doch ein bisschen zu groß. Und zweitens machen die ja Dinge an den Geräten, die eigentlich unfassbar sind. Ich dagegen bin beim ersten Mal an den Ringen gehangen und dachte: Oh mein Gott. Aber wie gesagt: Es geht für mich ja nur darum, dass das Turnen einen Teil dazu beiträgt, dass ich mich als Fußballtorhüter weiterentwickle.

Wo sehen Sie sich in dieser Entwicklung?
Ich denke, mit meinen Leistungen in dieser Saison kann ich bislang ganz zufrieden sein - auch wenn es natürlich immer Dinge gibt, die man noch verbessern kann.

Sie hatten eine starke Rückrunde, auch in dieser Runde kann man Ihnen kaum etwas vorwerfen. Dennoch werden Sie sehr kritisch beäugt. Verstehen Sie das?
Zunächst einmal habe ich mich daran gewöhnt, dass ich immer ein wenig kritischer gesehen werde als andere. So richtig verstehen kann ich es, ehrlich gesagt, aber nicht.

"Ich glaube nicht, dass mich hier beim VfB irgendjemand infrage stellt"

Was immer wieder für ein Raunen sorgt, ist die Frage: Warum macht Sven Ulreich das Spiel nicht mit weiten Abwürfen schnell - so, wie es Manuel Neuer macht?
Ich weiß, dass viele Leute fordern, dass gleich, wenn ich einen Ball fange, ein neuer Angriff eingeleitet wird. Aber so einfach ist das nicht. Zunächst einmal müssen die Mitspieler ja in diese Positionen starten. Und wenn ich sehe, dass da nur einer unserer Spieler vorne ist, entscheide ich mich eben meist dafür, erst einmal ruhig von hinten raus zu spielen. Grundsätzlich ist es aber eine Entscheidung der ganzen Mannschaft, ob ich das Spiel schnell mache oder nicht.

Also ist es falsch, wenn die Leute Ihnen dafür die Schuld in die Schuhe schieben wollen?
Grundsätzlich ist es so, dass das Spiel eines Torhüters von außen eben auch nicht immer einfach zu beurteilen ist.

Seit Wochen läuft nun auch die Diskussion über die Zukunft von Bernd Leno. Und obwohl Sie gut halten, werden Sie dabei indirekt auch wieder infrage gestellt.
Also ich glaube nicht, dass mich hier beim VfB irgendjemand infrage stellt. Das wird von außen und in den Medien vielleicht so dargestellt, aber ich empfinde das nicht so.

Also lässt Sie die Diskussion um eine mögliche Rückkehr Lenos weiter kalt?
Ja, denn auch da gilt: Ich konzentriere mich lieber auf mich selbst.

Und wenn Sie den Namen Leno in einer Zeitungsüberschrift sehen, legen Sie das Blatt gleich zur Seite?
Ich habe mir grundsätzlich angewöhnt, keine Zeitungen zu lesen.

Das ist schade. Trotz allem könnte es ja in der Winterpause zu einem Konkurrenzkampf kommen. Fürchten Sie eine solche Konstellation?
Ich habe vor dieser Saison in der Vorbereitung überzeugt, deshalb kam es ja dann dazu, dass Bernd ausgeliehen worden ist. Prinzipiell finde ich, dass einen Konkurrenz weiterbringt, sie belebt, deshalb hätte ich da überhaupt keine Angst.

Das gilt vermutlich auch für das Spiel am Samstag gegen 1899 Hoffenheim. Nach dem Spiel in Freiburg, als Sie sich mit den SC-Fans zofften, merkte man schon, wie emotional solche Derbys für Sie sind. Was haben Sie sich für Ihre Freunde aus Baden denn diesmal einfallen lassen?
(Lacht) Überhaupt nichts. Denn ich bin ja ein sehr gutmütiger Mensch - wenn man mich in Ruhe lässt.

Das werden die Hoffenheimer Angreifer kaum tun, es geht um deren ersten Sieg gegen den VfB. Sind Sie speziell vorbereitet auf die Scharfschützen aus dem Kraichgau?
Die ganze Mannschaft wird gut vorbereitet sein, und ich denke, Hoffenheim wird wieder nicht siegen. Ich als Torhüter weiß natürlich, dass es bei den Hoffenheimern den einen oder anderen gibt, der aus 20 Metern auch gerne mal draufhält.