Uli Hoeneß vom FC Bayern München in der Stuttgarter Liederhalle. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Uli Hoeneß oben auf dem Podium, das verspricht Kontroversen und Unterhaltung. So war es auch am Montagabend in Stuttgart, als der Präsident des FC Bayern München bei einer Diskussionsrunde in der Liederhalle klare Kante zeigte.

Stuttgart - Es ruckelt und knarzt derzeit gewaltig, man könnte auch sagen, dass alles nicht so recht im Fluss ist. Dass es nicht so recht ins Rollen kommt. Keine Frage: Uli Hoeneß hat schon ruhigere Zeiten erlebt beim FC Bayern München. Weniger turbulente Zeiten, in denen alles nach Plan lief. Ohne Unterbrechung. Als der Präsident seines Weges ging und ihn nichts und niemand aufhielt. Als er und sein Lebenswerk, der FC Bayern, in Fahrt waren. Die Dinge haben sich geändert in diesen Wochen. Auch im Zug.

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Als sich Uli Hoeneß am Montagnachmittag von München aus auf den Weg nach Stuttgart machte, wo er am Abend beim Treffpunkt Foyer, einer Podiumsdiskussionsreihe der „Stuttgarter Nachrichten“, zu Gast war, da kam er nicht so recht ins Rollen. Auch hier knarzte es. Wie zuletzt so oft beim FC Bayern. Auf dem Platz. Vor allem aber auch daneben. Auf einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Pressekonferenz. Oder auf der Jahreshauptversammlung.

Erstmals seit vielen Jahren fuhr Uli Hoeneß am Montag also wieder mit der Bahn, aufgrund des schlechten Wetters, wie er es selbst sagte. Und dann das: In Augsburg musste der Präsident den Zug wechseln, weil die Lok kaputt war, später dann gab es im Bordrestaurant nicht mal einen Kaffee, weil die Wasserleitung hinüber war. Dann aber kam Hoeneß doch noch ins Rollen – und er kam an in Stuttgart.

So wie später am Abend, als er im Mozartsaal der Liederhalle nach einer gewissen Anlaufzeit die gewohnte Abteilung Attacke gab. Der Anlass seines Auftritts war das 125-Jahr-Jubiläum des VfB Stuttgart in diesem Jahr, Hoeneß saß oben auf dem Podium neben dem VfB-Stürmer Mario Gomez und dem Präsidenten Wolfgang Dietrich. Hoeneß thronte in der Mitte, und am Ende stand er auch im Mittelpunkt. Weil er ordentlich in Fahrt war.

Hoeneß schützt Robben und Ribéry

5000 Euro für einen guten Zweck, so rief er es ins Auditorium, werde er spenden, wenn der VfB absteigt, und die Begründung gab es gleich anschließend: „Weil ich glaube, dass der VfB nicht absteigt.“ Ansonsten ging es bei Hoeneß aber um die Bayern. Und da gab es klare Ansagen.

„Ich bin geprägt von Dankbarkeit“, sagte er, als es um die umstrittenen Vertragsverlängerungen mit den Flügelflitzern Arjen Robben und Franck Ribéry vor dieser Saison ging. In die Jahre gekommen seien die beiden, sagt ja so mancher Experte. Hoeneß erklärte am Montag in Stuttgart dies: „Das sind Aushängeschilder, die immer die Knochen hingehalten haben, die schicke ich nicht weg, und dafür riskiere ich auch einmal den Gewinn der Meisterschaft.“

In der öffentlichen Wahrnehmung riskiert dieser Hoeneß in diesen Wochen ja nicht nur das. Es gibt nicht wenige Experten, die behaupten, Hoeneß setze mit seinen jüngsten Poltereien auf der legendären Pressevernichtungskonferenz und der Jahreshauptversammlung am Freitag nicht weniger als seinen Ruf aufs Spiel. Als er auf eine angebliche „Götterdämmerung“ angesprochen wurde, gab er den Zyniker. „Wer hat das geschrieben? Der ‚Spiegel’? Der darf das. Weil er sehr oft falsch liegt.“

Der Präsident nimmt die Fans in die Pflicht

Ohne ein bisschen Medienschelte geht es derzeit wohl nicht bei Hoeneß, der aber auch nicht vor jenen Teilen der eigenen Fanszene Halt machte, die ihn am vergangenen Freitag bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern auspfiffen. Nach Hoeneß’ Angaben waren das nur 150 bis 200 Mitglieder, die da mitgemacht hätten, aber dennoch: „Das hat es beim FC Bayern noch nicht gegeben, dass es bei solchen Versammlungen so drunter und drüber geht wie bei anderen Vereinen, das war ein Novum.“ Man müsse als Verein aufpassen, so Hoeneß weiter, denn: „Wir haben Vorbildcharakter.“ Und das gelte eben auch für die Fans und die Mitglieder.

Dass Hoeneß zuletzt selbst nicht immer das beste Vorbild abgegeben hatte, das räumte er ein: „Diese Pressekonferenz, das war nicht unsere Meisterleistung, das haben wir zugegeben.“ Auch aufgrund dieses Auftritts hatte es die Kritik auf der Hauptversammlung gegeben, die für Hoeneß ein tiefer Einschnitt war. „Ich habe jetzt viel Zeit, darüber nachzudenken und die Dinge einzuordnen“, sagte er. „Wenn man ein Problem hat, dann diskutiert man es normal sachlich miteinander aus. Das könnte ein Einschnitt bei unseren Fans sein, da muss man mal schauen.“

Nach vorne blickte Hoeneß am Ende – und er schaute dabei auch über den Tellerrand hinaus. Es ging um die Nationalelf und den nach dem WM-Aus in Russland noch immer umstrittenen Bundestrainer Joachim Löw, für den der Bayern-Präsident eine Lanze brach. „Das war eine katastrophale Leistung in Russland, das muss man aber mal akzeptieren.“ Man müsse Löw, so Hoeneß weiter, eine Chance geben, „denn die hat er verdient“. Namen wie Jürgen Klopp oder Ralf Rangnick als Bundestrainer ins Spiel zu bringen, das ist, so Hoeneß, „ehrabschneidend für Joachim Löw“. Der Bayern-Präsident gab zum Schluss also mal wieder so etwas wie das Gewissen des deutschen Fußballs. Hoeneß gab Hoeneß. Und war damit am Ende wieder ganz bei sich.