Einen Tag nach seiner vermeintlichen Ermordung steht Arkadi Babtschenko Rede und Antwort. Foto: AP

Gestern angeblich ermordet, heute gibt er eine Pressekonferenz: Arkadi Babtschenko lebt. Der ukrainische Geheimdienst wollte Babtschenkos Kritikern eine Falle stellen und täuschte selbst die Frau des russischen Journalisten.

Moskau - Der vermeintlich in Kiew ermordete russische Journalist Arkadi Babtschenko ist einen Tag nach Berichten über seinen Tod auf einer Pressekonferenz erschienen. Der ukrainische Geheimdienst habe die Tötung Babtschenkos bloß vorgetäuscht, erklärte dessen Leiter Wassili Grizak. Ziel sei gewesen, denjenigen eine Falle zu stellen, die den ausgewiesenen Kremlkritiker hätten töten wollen.

Die ukrainische Regierung und die ukrainische Polizei hatten am Dienstag erklärt, Babtschenko sei mit mehreren Schüssen in den Rücken getötet worden. Seine Frau habe ihn blutüberströmt in seiner Wohnung in Kiew vorgefunden. Die Polizei wies darauf hin, dass er möglicherweise wegen seiner Arbeit erschossen worden sei, und veröffentlichte sogar eine angeblich auf Zeugenaussagen basierende Zeichnung des mutmaßlichen Täters.

Babtschenkos Frau war ahnungslos

Grizak erklärte auf der Pressekonferenz zunächst, dass der ukrainische Geheimdienst und die Polizei das Rätsel um den Mord gelöst hätten. Dann bat er den 41-jährigen Babtschenko in den Raum. Unter Applaus entschuldigte sich der Totgeglaubte bei Freunden und Familienmitgliedern - darunter seine Frau -, die um ihn getrauert hätten und in den Plan nicht eingeweiht gewesen seien. „Ich bin noch am Leben“, sagte er. „Es tut mir leid, dass ihr das durchmachen musstet, aber es gab keinen anderen Weg.“

Geheimdienstchef Grizak sagte, Ermittler hätten einen Ukrainer identifiziert, dem der russische Geheimdienst 40 000 Dollar (rund 34 500 Euro) gezahlt habe, damit er die Tötung Babtschenkos organisiere und ausführe. Der Ukrainer habe daraufhin einen Bekannten als Auftragskiller angeworben, der in der Ostukraine gekämpft habe. Der Mann, der die Tötung habe organisieren sollen, sei am Mittwoch festgenommen worden, sagte Grizak und führte ein Video der Aktion vor.

Auftragsmörder auf Babteschenko angesetzt

Die geplante Tötung Babtschenkos sei Teil eines größeren Komplotts gewesen, erklärte Grizak. Der Ukrainer habe auch große Mengen Waffen und Sprengstoff beschaffen sollen, um Terrorakte in der Ukraine zu begehen.

Babtschenko sagte, er könne keine Details nennen. Der ukrainischen Polizei sei seit zwei Monaten bekannt gewesen, dass ein Auftragsmörder auf ihn angesetzt sei. Der Geheimdienst sei vor einem Monat auf ihn zugekommen.

Babtschenko kämpfte im Tschetschenienkrieg

Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte die Manipulation. „Es ist immer sehr gefährlich für Staaten, mit den Fakten zu spielen“, twitterte der Generaldirektor der Gruppe, Christophe Deloire. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im russischen Oberhaus zog einen Vergleich zu britischen Vorwürfen, Moskau stecke hinter dem Nervengiftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und dessen Tochter Julia in England. „Die Logik ist dieselbe - Russland zu diffamieren“, sagte Konstantin Kossatschew.

Babtschenko kämpfte während der 90er Jahre für das russische Militär im Ersten Tschetschenienkrieg, später wurde er Journalist. Als Kriegsreporter war er für verschiedene russische Medien im Einsatz. Er veröffentlichte auch mehrere Bücher, die auf seinen Kriegserfahrungen basierten.

Babtschenko gilt als äußerst kremlkritisch. Er kritisierte die Annexion der Krim, die russische Unterstützung von Separatisten in der Ostukraine und das Eingreifen Russlands in Syrien. Viele seiner Artikel sorgten in Russland für Verärgerung.

Russland verließ Babtschenko im Februar 2017, nachdem er nach eigenen Angaben Drohungen erhalten und Angst bekommen hatte, in Gewahrsam genommen zu werden. Er zog dann nach Kiew, wo er als Moderator eines Fernsehsenders der Krimtataren arbeitete.