Außenminister Dmytro Kuleba belastet deutsche Unternehmen. Foto: dpa/Gleb Garanich

Der ukrainische Außenminister Kuleba nimmt bei „Anne Will“ unter anderem den Stuttgarter Konzern Bosch aufs Korn. Er soll Russlands Militär mit Komponenten beliefert haben, die nun im Krieg verwendet werden.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat am Sonntagabend bei „Anne Will“ (ARD) schwere Vorwürfe gegen Deutschland erhoben. Demnach werde die russische Invasionsarmee mit deutscher Technologie ausgerüstet. Insbesondere den Stuttgarter Bosch-Konzern hob Kuleba als Negativbeispiel hervor.

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„Es tut mir Leid, das sagen zu müssen“, äußerte Kuleba im Interview mit Anne Will im Verlaufe des Polittalks. „Aber Sie haben dazu beigetragen, die aktuelle Macht von Russland mit aufzubauen.“ Deutschland und die Ukraine seien Partnerländer. Da erhoffe sich die Regierung in Kiew mehr Rückhalt in diesem Krieg.

„Groß angelegte Verteidigungszusammenarbeit mit Russland“

Insbesondere, so Kuleba, „sollten wir die Unterstützung mit allen nötigen Waffen bekommen, damit wir unser Land verteidigen können“. Er finde es nicht fair, „dass Deutschland eine groß angelegte Verteidigungszusammenarbeit mit Russland über die vergangenen Jahre hatte“. Da könne er ein „ganz einfaches Beispiel“ geben: „Vor ein paar Tagen hat unsere Armee russische Infanteriefahrzeuge für sich aufgetan – und wir haben in eines dieser Fahrzeuge hineingeschaut und gesehen, dass eines der Hauptkomponenten, die das Fahrzeug mit antreiben, tatsächlich von Bosch geliefert wurde“. Somit habe Bosch „jahrelang für die russische Militärmaschinerie notwendige Komponenten geliefert, damit diese Fahrzeuge in die Ukraine einmarschieren und unsere Städte zerstören können“.

Mit Baerbock „eine Liste an Fällen besprochen“

Bosch sei auch nur eines der Beispiele. Er habe, so Kuleba, mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock „eine Liste an Fällen besprochen, wo deutsche Unternehmen Russland tatsächlich Produkte zur Verfügung gestellt haben, damit diese als Militärausrüstung Verwendung finden konnten“. Vielleicht, so schlussfolgerte der ukrainische Außenminister, sei „es jetzt an der Zeit, dass wir all das geliefert bekommen, was wir brauchen, um uns zu verteidigen“.

Eine Stellungnahme von Bosch zu den Vorwürfen war gleich nach der Sendung nicht zu erhalten.

Bisher hat Deutschland nur leichte Waffen geliefert

Deutschland hat bisher nach ukrainischen Angaben 500 Panzerfäuste plus 1000 Schuss Munition, 500 Luftabwehrraketen vom Typ „Stinger“, 14 gepanzerte Fahrzeuge, 23 000 Schutzhelme geliefert – zugesagt seien zudem 1300 kugelsichere Schutzwesten und 2600 Metallplatten für Schutzwesten. Noch keine Entscheidung sei, so hieß es am Donnerstag, über die Lieferung von 2700 Raketen vom Typ „Strela“ gefallen. Die Lieferung von schweren Waffen wird von der Bundesregierung abgelehnt.

Bremst die Bundesregierung bei den Sanktionen?

Ferner mahnte Kuleba eine Führungsfunktion von Deutschland bei den Sanktionen an. Von EU-Kollegen höre er immer wieder, dass die Bundesregierung da bremsen würde. Auch die USA seien teilweise bereit gewesen, „sehr viel weiter zu gehen“, während Deutschland eher zum Abwarten dränge. „Wenn Tausende von Zivilisten sterben, dann brauchen wir mehr Sanktionen“, mahnte Kuleba. „Stoppen Sie Putin!“, lautete sein eindringlicher Appell. „Denn die Ukraine ist nicht das letzte Ziel.“

Ohne auf die Anschuldigungen direkt einzugehen, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil in der Sendung, Deutschland sei wegen des Krieges bereits Schritte gegangen, die zuvor undenkbar gewesen seien. „Aber die Nato, die Bundeswehr als Kriegsakteur, das ist etwas, was ich mir nicht vorstellen kann und ich für nicht verantwortbar halte.“

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