Nach der öffentlichen Zurschaustellung der OSZE-Beobachter hat der Westen mit Empörung reagiert. Am Montag beraten die EU-Staaten über weitere Sanktionen gegen Moskau. Unterdessen wurde der schwedische OSZE-Beobachter frei gelassen.

Nach der öffentlichen Zurschaustellung der OSZE-Beobachter hat der Westen mit Empörung reagiert. Am Montag beraten die EU-Staaten über weitere Sanktionen gegen Moskau. Unterdessen wurde der schwedische OSZE-Beobachter frei gelassen.

Slawjansk - Die Aufrufe zur Freilassung der in der Ostukraine festgesetzten OSZE-Militärbeobachter verhallen ungehört. Der selbst ernannte Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, machte im russischen Staatsfernsehen "weitere Gespräche" zur Voraussetzung.

Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Schweizer Außenminister Didier Burkhalter, hatte zuvor von den prorussischen Separatisten verlangt, die Männer - darunter vier Deutsche - freizulassen. Die US-Regierung kündigte neue Strafmaßnahmen gegen Russland noch für Montag an. Die EU-Botschafter wollten ab dem Mittag darüber beraten.

Die bewaffneten Aktivisten werfen den seit Freitag gefangen gehaltenen Männern "Spionage für die Nato" vor und erwägen einen Austausch mit inhaftierten Gesinnungsgenossen. Die prowestliche Regierung in Kiew lehnt dies ab. Die Bundesregierung fordert mit Nachdruck ein Ende der Gefangenschaft der Beobachter. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte einen Besuch im Kosovo kurzfristig ab.

Burkhalter betonte, die Festsetzung der unbewaffneten Militärinspekteure sei inakzeptabel. Die Sicherheit aller internationalen Beobachter müsse sichergestellt werden. Der OSZE-Vorsitzende setzt bei den Bemühungen um eine rasche Lösung nach eigenen Worten vor allem auf den Einfluss Russlands. Am Sonntagabend hatten die Protestführer in Slawjansk einen Schweden freigelassen, der unter Diabetes leidet.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, sieht keinen Fehler darin, dass deutsche Militärbeobachter in die Ukraine entsandt wurden. Sie hielten sich nach internationalem Recht dort auf und leisteten einen wichtigen Beitrag, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Das OSZE-Krisenpräventionszentrum hatte erklärt, die Festgehaltenen seien keine Mitglieder der diplomatischen OSZE-Beobachtermission. Es handele sich vielmehr um eine Mission unter Leitung der Bundeswehr.

Bürgermeister von Charkow lebensgefährlich verletzt

Die Lage in der Ostukraine schaukelt sich derweil weiter hoch. In der Millionenstadt Charkow sei der Bürgermeister bei einem Attentat lebensgefährlich verletzt worden, teilte Sprecherin Tatjana Grusinskaja örtlichen Behörden zufolge mit. Gennadi Kernes sei in den Rücken geschossen worden. Er werde in einer Klinik notoperiert.

Mutmaßlich prorussische Aktivisten stürmten zudem Berichten zufolge eine Polizeistation in Konstantinowka knapp 60 Kilometer nördlich der Gebietshauptstadt Donezk. Auf dem Militärflugplatz Kramatorsk rund 40 Kilometer nördlich beschossen beschossen Unbekannte die Regierungseinheiten. Zwei Sicherheitskräfte wurden verletzt.

Prorussische Protestführer fordern in der Region seit Wochen eine Volksabstimmung, eine weitreichende Föderalisierung oder sogar eine Loslösung von der Ukraine - wie zuletzt bei der Halbinsel Krim.

Der Westen wirft Russland vor, nicht wie im Genfer Friedensfahrplan vereinbart mäßigend auf die prorussischen Kräfte eingewirkt zu haben. Zudem wird davon ausgegangen, dass Russland im Hintergrund die Fäden zieht. Aus diesem Grund erwägt die Europäische Union neue Sanktionen. Dabei geht es um Einreiseverbote und Kontosperrungen gegen weitere Verantwortliche.

Die US-Regierung kündigte noch für Montag neue Strafmaßnahmen an. Diese würden Einzelpersonen, Firmen und einige Rüstungsgeschäfte betreffen, sagte Präsident Barack Obama bei einem Philippinen-Besuch. Ziel sei es unter anderem, Kremlchef Wladimir Putin klar zu machen, "welche negativen Auswirkungen seine derzeitigen Aktionen in der Ukraine langfristig auf die russische Wirtschaft haben könnten".

Der ukrainische Präsidentschaftskandidat Pedro Poroschenko äußerte Unverständnis über die zögerliche Sanktionspolitik gegenüber Russland. In einem Interview der "Bild"-Zeitung (Montag) ging er insbesondere mit Deutschland hart ins Gericht: Es könne doch nicht sein, "dass Deutschland aus Angst vor ein wenig steigenden Energiepreisen schärfere Sanktionen meidet. Es geht hier auch um Deutschlands Sicherheit."

Die Ölpreise waren zu Wochenbeginn gestiegen. Händler nannten mögliche zusätzliche Russland-Sanktionen als Grund. Deutsche-Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau hält die ökonomischen Folgen der Ukraine-Krise für andere Länder für überschaubar. Das wirtschaftliche Potenzial Russlands werde im Ausland massiv überschätzt, sagte er der "Welt" (Montag).

Trotz Kritik und der sich zuspitzenden Lage brach Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) derweil zu einer zweitägigen Russland-Reise auf. Er entgegnete, er halte es für wichtig, gerade in schwierigen Zeiten den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.