Im Osten der Ukraine herrscht weiter Krieg. US-Präsident Biden hat seinem ukrainischen Kollegen Selenskyj im Konflikt mit Russland Unterstützung zugesichert. Die USA wollten „entschlossen antworten“, falls Russland weiter in die Ukraine einmarschiere. Foto: dpa/Andriy Dubchak

Nato und EU treffen sich in den nächsten Tagen auf verschiedenen Ebenen, um über die neue Sicherheitsarchitektur in Europa zu diskutieren

Brüssel - Wie reagiert der Westen auf die militärischen Drohungen Russlands? Das ist die zentrale Frage, die die Nato und die EU in den nächsten äußerst arbeitsreichen Tagen auf mehreren Treffen beschäftigen wird. Am Freitag haben die 30 Mitglieder des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses zum Einstieg per Videokonferenz über die russischen Forderungen nach neuen Sicherheitsvereinbarungen diskutiert. Dabei soll unter anderem ein Kurs für die bevorstehenden Gespräche mit Vertretern Russlands festgelegt werden. Denn in der kommenden Woche steht ein Treffen von Unterhändlern aus Moskau und Washington in Genf auf dem Programm. Für Mittwoch ist zudem eine Tagung des Nato-Russland-Rats auf Botschafterebene angesetzt. Zudem werden kommende Woche auch mehrere Sitzungen der EU-Außen- und Verteidigungsminister stattfinden.

Sorge über Russlands Aufmarsch

Zentrales Thema bei der Video-Konferenz am Freitag war natürlich der jüngste Aufmarsch russischer Truppen in der Nähe der Ukraine sein. Nach Angaben aus westlichen Geheimdienstkreisen hatte Russland bereits Anfang Dezember in Gebieten unweit der Ukraine fast 100 000 Soldaten zusammengezogen. Dieser Aufmarsch soll nach Einschätzung westlicher Geheimdienste Ängste vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine schüren, um die Nato zu Zugeständnissen zu bewegen.

Konkret will Russland erreichen, dass sich die Nato-Staaten verpflichten, auf dem Gebiet der Ukraine und anderer Staaten Osteuropas, des Südkaukasus und in Zentralasien militärische Handlungen zu unterlassen. Zudem soll das westliche Militärbündnis den Verzicht auf eine weitere Ausdehnung und insbesondere auf die Aufnahme der Ukraine erklären. Von den USA fordert Russland zusätzlich den Abzug aller US-Atomwaffen aus Drittstaaten. Im Zuge der sogenannten nuklearen Teilhabe der Nato wurden diese auch in Deutschland stationiert.

Nato wiederholt Kritik an Russland

Nach der Video-Konferenz erneuerten die Nato-Staaten ihre Kritik am militärischen Vorgehen Russlands in der Ukraine-Krise. Die Außenminister der 30 Mitgliedstaaten der Allianz warfen Russland eine Aggression gegen das Nachbarland vor, wie die US-Vertretung bei der Nato über Twitter weiter mitteilte. Mit Blick auf den anstehenden Nato-Russland-Rat am kommenden Mittwoch betonten die Außenminister den Angaben zufolge auch auch die Notwendigkeit der Diplomatie, des Dialogs und der Deeskalation.

Europa fühlt sich bei der Planung übergangen

Angesichts der anstehenden Treffen kommt vor allem aus Brüssel die Kritik, dass Europa bei den Absprachen zwischen Washington und Moskau über die Sicherheitsarchitektur auf dem Kontinent ignoriert werden könnte. Aus diesem Grund drängt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Suche nach Lösungen für die Konflikte mit Russland auf eine Beteiligung der Europäischen Union. „Es wird keine Lösung ohne Europa geben“, sagte die deutsche Politikerin bei einem Besuch am Freitag in Paris. Es sei wichtig, grundsätzlich über die Sicherheitsarchitektur Europas nachzudenken. Dies wolle sie während der gerade begonnenen französischen EU-Ratspräsidentschaft mit Präsident Emmanuel Macron tun.

Macron will mit Moskau reden

Macron hatte zuletzt immer wieder unterstrichen, dass er Europa im Bereich militärischen Verteidigung unabhängiger von den Nato-Strukturen und damit den USA machen möchte. Damit stößt er allerdings vor allem bei den osteuropäischen Staaten auf wenig Gegenliebe. Auch die Berliner Regierung betont das enge Verhältnis zu den USA. Bei dem Treffen mit Ursula von der Leyen sagte der französische Präsident erneut, dass es an den Europäern sei, die von ihnen gewünschte europäische Sicherheitsarchitektur vorzuschlagen.

Er betonte allerdings auch, dass es dafür den Kontakt mit Russland brauche. „Ich glaube, dass die Europäische Union einen Dialog mit Russland führen muss“, sagte er. Solche Aussagen sorgen allerdings in den Staaten Osteuropas für heftiges Stirnrunzeln, die zu Zeiten der Sowjetunion über Jahrzehnte unter der Knute Moskau gelitten haben. Macron versuchte, diese Denken zu zerstreuen. Einen Dialog zu führen, sagte er in Paris, bedeute nicht, Zugeständnisse zu machen. Es bedeutet zunächst einmal, eine Bestandsaufnahme der Meinungsverschiedenheiten zu machen und zu versuchen, die Zukunft zu gestalten.