Ukraine-Präsident Petro Poroschenko (links) will mit einer einseitigen Waffenruhe einen Friedensprozess einleiten. Foto: dpa

Im Ukraine-Konflikt will Staatschef Poroschenko mit einer Feuerpause Frieden einleiten. Die Separatisten lehnen jedoch ab. Der ukrainische Botschafter in Berlin soll neuer Außenminister werden. Die Suche nach der Ursache einer Pipeline-Explosion geht weiter.

Im Ukraine-Konflikt will Staatschef Poroschenko mit einer Feuerpause Frieden einleiten. Die Separatisten lehnen jedoch ab. Der ukrainische Botschafter in Berlin soll neuer Außenminister werden. Die Suche nach der Ursache einer Pipeline-Explosion geht weiter.

Kiew - Im Ukraine-Konflikt will Präsident Petro Poroschenko mit einer einseitigen Waffenruhe einen Friedensprozess einleiten. Er werde schon bald eine sehr kurze Feuerpause verkünden, in der die prorussische Separatisten ihre Waffen abgeben und auf eine Amnestie hoffen könnten, sagte Poroschenko am Mittwoch in Kiew. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kremlchef Wladimir Putin hatte er zuvor am Telefon die Lage im krisengeschüttelten Land besprochen.

Die Aufständischen lehnten den Vorstoß des Staatschefs ab. „Sie stellen das Feuer ein, wir geben die Waffen ab und sie schnappen sich uns. Das ist sinnlos“, sagte der Separatistenführer Denis Puschilin.

Russland kritisierte die Initiative als unzureichend. „Wir erwarten einen allumfassenden Waffenstillstand und keine kurze Feuerpause“, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Poroschenko müsse Aufständischen einen Dialog anbieten und nicht deren Kapitulation fordern.

Nach der Explosion an einer Gasleitung nach Westeuropa bekräftigte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow, er gehe weiter von einem Anschlag aus. Unter einer Betonstütze könnte eine Bombe angebracht worden sein. „Seit Wochen gibt es Hinweise, dass der Ruf der Ukraine als Transitland beschädigt werden soll“, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk. Kiew macht Moskau für den Zwischenfall verantwortlich. Russland liefert der Ukraine wegen offener Rechnungen kein Gas mehr.

Experten äußerten Zweifel an einem terroristischen Hintergrund. „Seit zwei Jahren machen wir auf den technisch erbärmlichen Zustand dieser Pipeline aufmerksam“, sagte der Verwaltungschef der Region Poltawa, Viktor Bugaitschuk. Auch der Vizechef des russischen Gazprom-Konzerns, Witali Markelow, zweifelte an der Darstellung der ukrainischen Regierung. Die Lieferungen von russischem Gas nach Westeuropa seien von der Panne nicht betroffen, sagte er in Moskau.

In seiner ersten größeren Personalentscheidung seit Amtsantritt schlug Poroschenko den ukrainischen Botschafter in Deutschland, Pawel Klimkin, als neuen Außenminister vor. Amtsinhaber Andrej Deschtschiza war zuletzt nach einer beleidigenden Äußerung gegenüber Putin scharf in die Kritik geraten. Poroschenko setzte zudem mit Walerija Gontarewa erstmals eine Frau an die Spitze der Nationalbank in Kiew.

Poroschenko bezeichnet Gefechte als "Kriegszustand"

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, Merkel fordere gemeinsam mit Poroschenko Russland auf, die Grenzen zur Ukraine wirksam zu kontrollieren. Nur so könne das Einsickern von Waffen und Kämpfern eingedämmt werden. Zudem solle Moskau seinen Einfluss auf die Separatisten geltend machen, damit diese ihre Gewalt beendeten, sagte Seibert nach Merkels Telefonat mit Poroschenko.

Bei erneuten Gefechten in der Ostukraine kamen mindestens 15 Soldaten und 4 Aufständische ums Leben. Zudem seien zahlreiche Militärs verletzt worden, sagte Armeesprecher Wladislaw Selesnjow. Beide Seiten vereinbarten in Lugansk die Übergabe von Todesopfern.

UN-Beobachter warfen den Separatisten die Tötung von Zivilisten, Folter und weitere Verletzungen der Menschenrechte vor. Bewaffnete in den Regionen Donezk und Lugansk hätten eine Atmosphäre ständiger Angst geschaffen, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der UN zur Überprüfung der Menschenrechtslage in der Ukraine.

Bei den Kämpfen kamen den Angaben zufolge seit Mitte April mehr als 300 Menschen ums Leben, wobei die weitaus meisten Zivilisten waren. Entsprechende Angaben ukrainischer Behörden konnten aber von den UN-Beobachtern nicht unabhängig überprüft werden, wie sie einräumten.

Immer mehr Menschen würden aus Donezk und Lugansk fliehen, Recht und Ordnung gebe es dort nicht mehr, heißt es in dem Bericht. Bislang hätten mehr als 34 300 Menschen ihre Wohngebiete in der Ukraine - einschließlich der Schwarzmeer-Halbinsel Krim - verlassen.

Poroschenko bezeichnete die Gefechte in der Ex-Sowjetrepublik als „Kriegszustand“. „Es ist ein Krieg neuen Typs - mit professionellen Sabotagetrupps und unter Ausnutzung der Bevölkerung und Freiwilliger, die mit Propaganda einer Gehirnwäsche unterzogen wurden“, erklärte der Staatschef. Nach monatelangen blutigen Kämpfen mit Hunderten Toten brauche die Ukraine dringend Frieden.