Unternehmen dürfen private Internetchats ihrer Mitarbeiter im Büro nicht einschränkungslos überwachen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt. Foto: dpa

Eine Vorschrift, den Internetzugang im Büro ausschließlich beruflich zu nutzen, ist nicht mehr zeitgemäß, meint Redakteur Daniel Gräfe. Und sollten Betriebsvereinbarungen anders lauten, sollte man sie nicht mit Spitzel-Mitteln kontrollieren.

Stuttgart - Abends die Geschäftsmails checken oder vom Büro aus die Verabredung mit Freunden bestätigen: Bei der Internetnutzung verwischen sich die Grenzen zwischen beruflich und privat immer mehr. Wenn Arbeitgeber fordern, dass die Arbeit flexibler und mobiler wird, dann müssen sie auch Zugeständnisse machen – etwa dass auch mal eine private Mail während der Arbeitszeit geschrieben werden darf. Eine Vorschrift, den Internetzugang ausschließlich beruflich zu nutzen, ist nicht mehr zeitgemäß.

Natürlich muss das maßvoll geschehen, schließlich geht es hier um Arbeitszeit und damit auch um Geld. Maß halten sollte man auch bei der Prüfung, ob die Richtlinien tatsächlich eingehalten werden: Eine unangekündigte und uneingeschränkte Überwachung von Chats oder Mails der Arbeitgeber gehört sicherlich nicht dazu – das hat jetzt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte völlig zu Recht festgestellt. Wer will schon in einem Unternehmen arbeiten, wo dies möglich wäre? Und auch der Personalabteilung sollte ein mündiger Arbeitnehmer lieb sein, der eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre schätzt.

Es sollte um Vertrauen gehen

Ausrutscher sind in beide Richtungen denkbar. Ein Arbeitnehmer könnte das Vertrauen missbrauchen und zu viel Privates erledigen. Ein anderer wiederum könnte sich überreden lassen, berufliche Aufgaben in der Freizeit zu erledigen. Doch das muss man in Kauf nehmen. Nicht tolerieren sollte man jedoch Unklarheiten, ob die private Nutzung des Internets zugelassen ist oder nicht. Das müssen Betriebsvereinbarungen verständlich und transparent regeln. Ein pauschales Surf-Verbot in der Arbeitszeit ist dabei kaum noch zu vermitteln – und auch schwer zu kontrollieren.

Wer das berücksichtigt, sichert nicht nur den Betriebsfrieden, sondern erspart sich auch den Gang zum Arbeitsgericht.