Nach dem Hochwasser laufen in den betroffenen Regionen in Baden-Württemberg die Aufräumarbeiten – und viele haben ihre Schäden bereits der Versicherung gemeldet. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Versicherungen mit Sitz in der Region Stuttgart berichten von hunderten Schadensmeldungen in Verbindung mit dem Hochwasser. In der Diskussion um eine Pflichtversicherung geben sie Ministerpräsident Kretschmann Contra.

Die Häusleeigentümer in Baden-Württemberg sind bei Extremwetterereignissen traditionell gut abgesichert – und in der Breite viel besser als in anderen Bundesländern: Laut dem Gesamtverband der Versicherer sind 94 Prozent der Gebäude im Südwesten gegen sämtliche Naturgefahren versichert. Zum Vergleich: In Bayern liegt der Anteil bei 47 Prozent.

 

Hunderte Schadensmeldungen bei Wüstenrot und WGV eingegangen

Das zahlt sich jetzt – nach dem Hochwasser in Teilen Baden-Württembergs – aus. Und die hohe Versicherungsdichte macht sich so auch bereits bei den Gebäudeversicherern im Südwesten bemerkbar: Die Wüstenrot & Württembergische AG mit Sitz in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) berichtet am Dienstag von 1500 Schadensmeldungen in Verbindung mit dem aktuellen Hochwasser – darunter auch Großschäden mit einem Volumen von mehr als 50 000 Euro. „Bei vergleichbaren Unwetterereignissen lagen die Schadensmeldungen bei der Württembergischen in den ersten Wochen bei bis zu 20 000“, teilt ein Sprecher mit.

Bei der WGV Versicherung mit Sitz in Stuttgart gingen bis Dienstag rund 1000 Schadensmeldungen ein – Tendenz steigend. Andere stark in Baden-Württemberg vertretene Gebäudeversicherungen wie die SV Sparkassenversicherung oder die Allianz nennen noch keine konkreten Zahlen. Erst Ende der Woche dürfe man mit ersten Schätzungen von Schadensummen rechnen, heißt es.

Versicherungen blicken kritisch auf Kretschmanns Forderung

Die Versicherer aus ganz Deutschland stellen sich auf ein „überdurchschnittlich großes Schadenereignis“ ein, heißt es vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Die Bilder aus Bayern und Baden-Württemberg lassen Schlimmes erahnen. Unsere Unternehmen erreichen schon jetzt viele Schadensmeldungen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Eine Prognose zur Schadenschätzung komme aber noch zu früh, das sei erst möglich, wenn überall die Pegel gesunken seien.

Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden, wie sie etwa von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für Immobilienbesitzer gefordert wird, sieht der Verband kritisch: „Eine Versicherung allein ist keine Lösung. Dabei bleiben staatlicher und individueller Hochwasserschutz auf der Strecke“, sagt Asmussen. Stattdessen müsse mehr getan werden, um Schäden zu vermeiden. Asmussen fordert „Bauverbote in Überflutungsgebieten, eine Pflicht zu wasserresilienten Baustoffen und bessere Hochwasserschutzanlagen“.

Bis 1994 waren Gebäude in Baden-Württemberg pflichtversichert

Auch die Württembergische aus Kornwestheim lehnt eine Pflichtversicherung ab. Wichtiger seien Präventionsmaßnahmen, um Elementarschäden zu reduzieren. „Falls hier keine adäquaten Maßnahmen ergriffen werden, rechnet der Versicherer flächendeckend mit stark steigenden Versicherungsbeiträgen in diesem Bereich“, heißt es.

Erfahrung mit einer Pflichtversicherung für Gebäude haben die Häusleeigentümer in Baden-Württemberg jedenfalls: Bis 1994 waren sie gegen Feuer und Elementarschäden pflichtversichert. Deshalb ist die Versicherungsdichte auch heute noch deutlich höher als etwa bei den Nachbarn im ebenfalls vom Hochwasser gebeutelten Bayern.