Die Schuldnerberatung soll mehr Personal bekommen. Foto: dpa

Licht und Schatten der Schuldnerstatistik: Die Zahl der überschuldeten Haushalte in Stuttgart ist zurückgegangen. Es gibt aber auch eine weniger erfreuliche Nachricht.

Stuttgart - Alles in allem gibt es beim Thema Überschuldung von Privatleuten zurzeit einen Lichtblick. Auch in Stuttgart ist die Zahl der überschuldeten Haushalte im Vorjahr leicht gesunken, um 1573 auf 53 790 Personen. Dank der guten Wirtschaftslage sank damit die Verschuldungsquote um 0,36 Punkte auf nun 10,14 Prozent. Das hat erst kürzlich die Wirtschaftsauskunftei Creditreform Stuttgart in ihrem Jahresbericht dargelegt.

Aus der Sicht der zentralen Schuldnerberatung der Landeshauptstadt enthält die Statistik aber einige unerfreuliche Details. So habe in der Gruppe der unter 35-Jährigen ein Grund von Überschuldung besonders zugenommen: die „unwirtschaftliche Haushaltsführung“, sagte Reiner Saleth, Leiter der Schuldnerberatung, am Montag im Sozialausschuss des Gemeinderates.

Problemgruppe der unter 35-Jährigen

So stieg dieser „Überschuldungsauslöser“ in besagter Altersgruppe seit 2015 von 17,7 auf 24,1 Prozent. „Gerade junge Menschen tun sich bei der wirtschaftlichen Haushaltsplanung schwer“, erklärte Saleth, der für die Evangelische Gesellschaft arbeitet, die zusammen mit dem Caritasverband und der Bewährungshilfe Prävent-Sozial Träger der Einrichtung ist.

Deshalb würde die Schuldnerberatung gerne stärker in die Präventionsarbeit zur Förderung der Finanzkompetenz von jungen Menschen einsteigen. Dafür aber bräuchte man mehr Personal. Zwar hat man schon einige Präventionsprojekte für die Zielgruppe aufgelegt („Schuldenfrei. Zukunft frei“ und „Ehrenamtliche Finanzpaten an Stuttgarter Schulen“). Diese Aktivitäten konnten nur dank ehrenamtlicher Hilfe und durch Spenden aufrechterhalten werden. Präventionsarbeit sei so nur „bruchstückhaft“ möglich, erklärte der Leiter der Schuldnerberatung.

Auch Ältere bräuchten mehr Beratung

Die Aufstockung des Bereichs um eineinhalb Stellen könnte auch der besseren Beratung von älteren Menschen zur Vermeidung von Überschuldung dienen. Dies sei wichtig, weil das Problem der Altersarmut bei sinkendem Rentenniveau in den kommenden Jahren zunehmen werde, erklärte Reiner Saleth. „Wir müssen mehr auf die älteren Menschen zugehen“, sagte er. Die bestehende „Kommstruktur“ sei für diese Altersgruppe nicht ausreichend. Es sei eine engere Kooperation mit anderen Akteuren der Altenhilfe wie dem Stadtseniorenrat, dem Treffpunkt 50plus oder dem Bereich Leben im Alter des Sozialamts nötig. Man müsse Senioren möglichst früh beim Übergange in den Ruhestand beraten.

Die große Mehrheit im Rat ist von der Bedeutung einer stärkeren Schuldenprävention überzeugt. Die unwirtschaftliche Haushaltsführung als Überschuldungsgrund bei Jüngeren sei „besorgniserregend“, sagte CDU-Stadtrat Thomas Fuhrmann. Er hält die in dieser Altersgruppe stark verbreitete Ratenzahlung für „sehr problematisch“. Andrea Münch (Grüne) sprach von der „Krux der Konsumgesellschaft“. Auch Münch hält mehr Schuldenprävention bei Jüngeren wie Älteren für sinnvoll. Marita Gröger (SPD) sieht ebenfalls einen „Handlungsbedarf“. Ganz anders Heinrich Fiechtner von BZS23, der generell nicht an die Effektivität der Schuldnerberatung glaubt. Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) trat dem entgegen. Die Wirkung sei nachgewiesen, man werde die Zahlen dazu nachliefern.

Wartezeiten etwas gesenkt

Positiv wurde von der großen Mehrheit auch aufgenommen, dass die Wartezeiten in der Schuldnerberatung durch drei zusätzliche Sachbearbeiter zurückgegangen seien. So sei die Zahl derer, die mehr als sechs Monate warten müssten, innerhalb weniger Monate von 288 auf 234 Personen gesunken (minus 18 Prozent). Diese Zahl in der „weiterführenden Beratung“ soll stetig vermindert werden, betonte Reiner Saleth. Und: „Eine erste Existenzsicherungsberatung findet schon nach ein bis zwei Wochen statt.“