Ein Kreuz, Blumen und Kerzen erinnern in Eglosheim an Nadine Ertugrul. Foto: factum/Granville

Zehn Monate lang hat die Polizei nach dem Mörder von Nadine Ertugrul gesucht, jetzt wurde der Ehemann festgenommen. Der 43-Jährige ist „dringend verdächtig“, die Mutter seiner zwei Kinder getötet zu haben. Auch neue Einzelheiten zum Tathergang wurden bekannt.

Ludwigsburg - Die Zeit der quälenden Ungewissheit scheint vorbei zu sein. Vor zehn Monaten wurde Nadine Ertugrul in Ludwigsburg-Eglosheim ermordet, seit zehn Monaten haben die Angehörigen der getöteten Mutter, Freunde, Nachbarn, aber auch die gesamte Stadt über die Hintergründe der mysteriösen Tat gerätselt. Jetzt sieht alles danach aus, als sei der Sonderkommission der Durchbruch gelungen. Wie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft mitteilt, ist der Ehemann der Getöteten am Donnerstagabend festgenommen worden. Gegen den 43-Jährigen bestehe dringender Tatverdacht, sagt Jan Holzner, der Sprecher der Behörde. Der Mann habe sich noch nicht zu dem Vorwurf geäußert.

Weitere konkrete Angaben vermeiden die Ermittler. In einer am Freitag verschickten Stellungnahme heißt es lediglich, dass der Fokus zuletzt auf der Auswertung der kriminaltechnischen Einzelspuren gelegen habe. Mehr als 300 solcher an unterschiedlichen Stellen gesicherten Spuren seien analysiert und abgeglichen worden. Diese Auswertung sei nun beendet, und damit habe sich „für die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei Ludwigsburg der Kreis geschlossen, der eine dringende Täterschaft des 43-Jährigen begründet“. Was die Ermittler damit ausdrücken wollen: der mutmaßliche Täter wurde nicht anhand von Zeugenaussagen überführt, sondern anhand anderer Indizien. Denkbar sind DNA-Spuren oder Fingerabdrücke, aber Details werden nicht genannt.

Die zweifache Mutter wurde nicht erstochen, sondern ist erstickt

Allerdings wurden am Freitag weitere Einzelheiten zur Tat bekannt. Demnach geht die Sonderkommission davon aus, dass es am 12. Oktober 2015 im Haus des Ehepaars in Eglosheim zu einem Streit kam. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung soll der 43-Jährige „mit stumpfer Gewalt auf den Hals der damals 36-Jährigen eingewirkt haben, an der sie letztendlich erstickte“. Bislang war stets die Rede davon gewesen, die zweifache Mutter sei massiven Schnittverletzungen am Hals erlegen. Diese Wunden aber, erklärt jetzt die Staatsanwaltschaft, seien „postmortal entstanden und nicht todesursächlich“.

Offensichtlich hatte die Kripo den Ehemann seit geraumer Zeit in Verdacht. Von Anfang an gingen die Ermittler von einer Beziehungstat aus. Bereits im Dezember 2015 hieß es, es bestehe ein Tatverdacht gegen einen Verdächtigen „aus dem persönlichen Beziehungsumfeld“ des Opfers, doch dieser ließ sich lange nicht erhärten – bis jetzt. Fest steht, dass die Eheleute sich zwar getrennt hatten, aber bis zuletzt mit den drei und fünf Jahre alten Kindern unter einem Dach in Eglosheim lebten – obwohl Nadine Ertugrul, wie die Polizei schon kurz nach der Tat mitteilte, eine neue Beziehung eingegangen war.

Sollte der 43-Jährige wirklich der Täter sein, muss er einen enormen Aufwand betrieben haben, um seine Spuren zu verwischen. Denn ansonsten wäre er wohl früher verhaftet worden. In den ersten Vernehmungen hatte er den Beamten erzählt, Nadine Ertugrul sei am 12. Oktober abends mit dem Auto davongefahren, um noch ein Brot zu kaufen, und danach nicht wieder aufgetaucht. Die unbekleidete Leiche der Frau wurde erst eine Woche später in einem Gebüsch an den Bahngleisen in Eglosheim gefunden, unweit davon stand ihr Wagen. Ob der Täter diesen und die Leiche bewusst an dieser Stelle platziert hat, um die Ermittler auf eine falsche Fährte zu lenken, ist ebenfalls noch unbekannt.

Die drei und fünf Jahre alten Kinder wurden jetzt bei Angehörigen untergebracht

Der Fall hat in den vergangenen Monaten großes Aufsehen in Ludwigsburg und im Umfeld erregt. Obwohl dort eine beliebte Jogging- und Fahrradstrecke verläuft, wurde das Gebiet um den Fundort der Leiche von zahlreichen Eglosheimern lange gemieden – aus Angst, der Täter könne ein weiteres Mal zuschlagen. Die Polizei initiierte aufwendige Plakataktionen, ließ Hunderte Flyer mit Fotos des Opfers verteilen und eine Belohnung für Hinweise ausloben. Zeitweise wurde erwogen, den Fall in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ vorzustellen. Mehrere Tage ließen die Ermittler den Monrepossee in Ludwigsburg von Spezialtauchern nach der Tatwaffe und der Kleidung des Opfers absuchen. Alles ohne Erfolg.

Im Internet verbreite sich die Nachricht von der Festnahme des Ehemanns rasend schnell. Zahlreiche Menschen brachten am Freitag ihr Bedauern für die Kinder zum Ausdruck, die im Oktober ihre Mutter verloren haben und nun, wenn sich der Verdacht bestätigt, womöglich ohne Vater aufwachsen werden. Nach Angaben der Polizei wurden das Mädchen und der Junge nach der Festnahme des Mannes bei Angehörigen der Familie untergebracht.