Ein Geschirrdekor mit Kultstatus: Hahn und Henne aus Zell. Foto: Zeller Keramik-Manufaktur

Die Keramik-Manufaktur aus Zell am Harmersbach möchte bei der Karlsruher Majolika einsteigen. Die Kaufofferte kommt rund vier Jahre nach dem Produktionsstopp und der Entlassung von zwei Dritteln der damaligen Belegschaft scheinbar wie gerufen. Stadt und Gemeinderat sind nicht abgeneigt.

Karlsruhe - Neue Hoffnung für die Karlsruher Majolika: Der Gemeinderat hat jetzt einen Grundsatzbeschluss für Verhandlungen mit der Zeller Keramik-Manufaktur gefasst. Die Kaufofferte aus Zell am Harmersbach (Ortenaukreis) kommt rund vier Jahre nach dem Produktionsstopp und der Entlassung von zwei Dritteln der damaligen Belegschaft scheinbar wie gerufen. Der Inhaber der Zeller Manufaktur, Ralf Müller, möchte Teile seiner Produktionsstätten auslagern – an den Rand des Karlsruher Hardtwaldes.

Herausragendes Produkt seines Hauses: das Dekor „Hahn und Henne“ für Gebrauchsgeschirr, das seit mehr als hundert Jahren in Kennerkreisen Kult-Status genießt. Müller will die Majolika und ihre Produkte stärker in den Blickpunkt rücken und für die Öffentlichkeit „gläserne Produktionsstätten“ schaffen. In Zell initiierte er kurz nach der Übernahme ein neues Museum – und kaufte außerdem mit der Dorotheenhütte in Wolfach (20 Kilometer östlich von Zell) die letzte Mundblas-Glashütte des Schwarzwaldes, in der Bleikristall verarbeitet wird. 60 Menschen arbeiten heute in Müllers Unternehmen.

Durch den Zusammenschluss eröffnen sich neue Betriebswege

Noch ist die Frage ist zu klären, ob die Stadt bereit ist, das komplette Areal zu veräußern – Inhaber der maroden Gebäude sind die Karlsruher Stadtwerke –, ob die Zeller Manufaktur eine Erbpachtregelung auf die Dauer von 99 Jahren zugestanden bekommt, oder aber „nur“ als Anteilseigner einsteigen wird. Doch schon jetzt ist klar: es werden Investitionen in siebenstelliger Höhe nötig sein, um die Bauten zu sanieren. Der einst im Bankgeschäft tätige Betriebswirt Ralf Müller hatte nach Angaben von Unternehmenssprecher Ulf Tietge auch die Zeller Manufaktur bereits 2008 – zwei Jahre nach der Übernahme – erfolgreich saniert. Tietge preist schon vorab die gemeinsam möglichen Vertriebswege: die Produktlinie mit dem Dekor „Hahn und Henne“ aus Zell könne man derzeit im Kaufhaus des Westens (KdW) in Berlin und in New York erwerben – davon solle auch künftig wieder die Majolika profitieren, die Tietge als „unfassbar gute Marke mit großer Strahlkraft“ bezeichnet. Diese solle ihre Produktlinie im Keramik-Kunstbereich behalten – und weiter ausbauen. Auch die Kooperation mit dem Badischen Landesmuseum soll intensiver werden.

In den Majolika-Werkstätten am Rande des Karlsruher Hardtwaldes sei ein Teil der Kulturgeschichte der Stadt Karlsruhe mitgeschrieben worden, behaupten Kenner. Hier wurden die Entwürfe zu dem Bambi-Kitz gemacht, das mittlerweile als Medienpreis vergeben wird. Hier wurden während der Blütezeit der Majolika die Innenausstattung der „Villa Hügel“ der Krupp-Dynastie in Essen, die Foyergestaltung des Kieler Rathauses – oder Werke des Künstlers Luigi Colani entworfen.

Zwei Traditionsbetriebe

Die Keramikmanufaktur Majolika wurde 1901 gegründet unter Großherzog Friedrich. 1919 wurde diese zum Besitz des badischen Staates, nach dem Zweiten Weltkrieg war zunächst das Land Baden-Württemberg Eigentümer. In ihrer Blütezeit hatte die Manufaktur gut 200 Mitarbeiter. 1999 kam die Majolika in Besitz der Landesbank (LBBW), von 2010 an übernahm eine Stiftung die Geschäfte. Seitdem bezuschusst Karlsruhe den Betrieb.

Die Keramik-Manufaktur in Zell am Harmersbach (Ortenaukreis) besteht seit 1794. Die ausgegliederte Zeller Keramik Betriebs-GmbH wurde 2006 von Ralf Müller als Sanierungsfall übernommen. In zwei Jahren wurde die Produktion sukzessive wieder auf Handbemalung umgestellt. In Zell entstanden ab 1897 die traditionellen Dekore „Favorite“, „Alt Straßburg“ und „Hahn und Henne“ .