Tauziehen um Alstom: Wer macht im Übernahmepoker das Rennen? Foto: obs/ALSTOM Deutschland AG

Hat General Electric (GE) im Übernahmepoker um Alstom die besseren Karten? Alstom hat am Mittwoch bestätigt, dass GE ein Übernahmeangebot über 12,35 Milliarden Euro für seine Energietechniksparte vorgelegt hat. Siemens muss nun Überzeugungsarbeit leisten.

Hat General Electric (GE) im Übernahmepoker um Alstom die besseren Karten? Alstom hat am Mittwoch bestätigt, dass GE ein Übernahmeangebot über 12,35 Milliarden Euro für seine Energietechniksparte vorgelegt hat. Siemens muss nun Überzeugungsarbeit leisten.

Paris/New York - Der französische Industriekonzern Alstom hat vom US-Konkurrenten General Electric (GE) ein Übernahmeangebot über 12,35 Milliarden Euro für seine Energietechniksparte erhalten. Der deutsche Rivale Siemens solle allerdings dennoch die Gelegenheit bekommen, ebenfalls ein konkretes Angebot abzugeben, teilte das Unternehmen am Mittwochmorgen in Paris nach einer Sitzung des Verwaltungsrates mit.

Bis zu einer Vertragsunterzeichnung kann allerdings viel passieren. So pocht der französische Staat auf ein Mitspracherecht. Es wird erwartet, dass sich Alstom an diesem Mittwochmorgen äußert. Dies hatte auch die Finanzmarktaufsicht AMF verlangt.

Nach Informationen der Pariser Tageszeitung "Le Figaro" vom späten Dienstagabend beschloss der Alstom-Verwaltungsrat, ein Angebot von General Electric bevorzugt zu behandeln. Dieses solle allerdings noch einen Monat lang von unabhängigen Experten geprüft werden, berichtete das Blatt weiter unter Berufung auf Konzernkreise. Eine offizielle Bestätigung lag dafür nicht vor.

Auch nach Informationen des "Wall Street Journal" ist der Verwaltungsrat von Alstom der Offerte von General Electric zugeneigt. Das Gremium habe zugestimmt, nicht aktiv nach Alternativangeboten Ausschau zu halten. Demnach dürfen die Franzosen allerdings ungefragt eingehende Angebote prüfen. Die Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg schrieb ebenfalls, dass Siemens die Tür weiter offenstehe.

Siemens muss Überzeugungsarbeit leisten

Siemens hatte erst am Dienstag ein eigenes Übernahmeangebot angekündigt, dies aber an die Bedingung geknüpft, vier Wochen lang Zugang zu Daten des französischen Unternehmens zu bekommen. Zudem müssten Managementinterviews geführt werden können, hieß es.

Der "Figaro" berichtete am Abend, Siemens sei bereit, seine komplette Transportsparte inklusive des ICE- und Metro-Baus an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug die Energietechniksparte kaufen könnte. Die Münchner bewerteten letztere mit 10,5 bis 11 Milliarden Euro. An dem neuen, auf Bahntechnik spezialisierten Unternehmen Alstom, würde Siemens laut "Figaro" einen Anteil von 19 Prozent beanspruchen. Lediglich die Signaltechnik würde es unter dem eigenen Dach behalten wollen.

General Electric würde damit nach Informationen von "Wall Street Journal" und "Figaro" weniger für die Energietechniksparte der Franzosen zahlen. Die Alstom-Führung halte eine Übernahme durch Siemens allerdings für "zu kompliziert" - vor allem, weil es zu viele Überschneidungen in der Produktpalette gebe.

Alstom hatte in den vergangenen Monaten heimlich nur mit General Electric über eine Übernahme verhandelt. Die französische Regierung hatte mit Empörung darauf reagiert. Sie fürchtet eine Verlagerung von Arbeitsplätzen und Entscheidungszentren, sollte GE den Zugriff auf Alstom bekommen. Paris hat stattdessen angedeutet, einen Geschäftsfeldertausch zwischen Siemens und Alstom zu bevorzugen. Die französische Regierung erhofft sich, dass zwei europäische Weltmarktführer entstehen könnten - einer im Bereich Bahntechnik, der andere im Bereich Energie.

In Deutschland herrscht die Sorge vor einem Arbeitsplatzverlust bei der Siemens-Bahnsparte. Die IG Metall stellte für den Fall eines Tauschgeschäfts klar, dass sie Sicherheiten für die rund 11 500 Beschäftigten der Sparte einfordern werde. Generell stehe die Gewerkschaft einer Einigung zwischen Siemens und Alstom nicht ablehnend gegenüber, betonte Bayerns IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler am Dienstag allerdings.

Alstom-Mitarbeiter protestierten am Dienstag vor einer Niederlassung in Saint-Ouen bei Paris gegen die Zerschlagungspläne, auch in Mannheim gab es eine Demonstration. Bei einem Treffen mit Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg forderten Gewerkschafter eine erneute Teilverstaatlichung des Unternehmens.

Die französische Regierung werde alle notwendigen Mittel ergreifen, um die Interessen des Staates zu schützen, kündigte der Minister an. Vor der Nationalversammlung in Paris rechtfertigte er am Dienstag die Einmischung der Regierung in die Verhandlungen. Kein Staat auf der Welt würde es akzeptieren, wenn ein von öffentlichen Aufträgen lebendes Aushängeschild der nationalen Industrie innerhalb kürzester Zeit verkauft würde, erklärte der Minister. Das Energietechnik-Geschäft von Alstom sei für Frankreich strategisch von größter Bedeutung.