Die Varta AG fertigt in Ellwangen unter anderem Lithium-Ionen-Akkus beispielsweise für Hörgeräte oder kabellose Kopfhörer. Foto: Jan Walford

In Ellwangen kommt wieder zusammen, was einst zusammengehörte: Der schwäbische Kleinstbatterienhersteller Varta AG kauft seine frühere Konzernschwester Varta Consumer Batteries, einen Hersteller von Batterien für Endverbraucher.

Ellwangen - Die Ellwanger Varta AG kauft ihre ehemalige Konzernschwester Varta Consumer Batteries, die ihren Hauptsitz ebenfalls in Ellwangen (Ostalbkreis) hat. Das teilte die Varta AG am Mittwoch mit. Beide Unternehmen gehörten früher gemeinsam mit der Sparte für Autobatterien zu einem Konzern, der in den Händen der Unternehmerfamilie Quandt war. 2002 wurde dieses Unternehmen in drei Teile gespalten. Die in Ellwangen ansässige Varta AG mit ihren 2300 Mitarbeitern ist auf Kleinstbatterien spezialisiert.

Varta Consumer Batteries beschäftigt 1130 Mitarbeiter und gehörte bis Januar diesen Jahres zu dem US-Konzern Spectrum Brands. Dieser verkaufte das Varta-Endverbrauchergeschäft gemeinsam mit der Marke Rayovac zum Jahresanfang für rund zwei Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) an den US-Batteriehersteller Energizer. Die EU-Kommission genehmigte die Transaktion allerdings nur unter der Auflage, dass Energizer Varta mit Ausnahme der Lizenzen für Amerika und Asien weiterveräußert. Die Autobatterien von Varta bleiben weiter bei einem anderen Eigentümer: dem US-Konzern Johnson Controls.

„Mit dieser Transaktion nutzen wir die einmalige Chance, zusammenzuführen, was zusammen gehört“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Varta AG, Herbert Schein, am Mittwoch in Ellwangen. „Mit dem Kauf können wir wieder unseren Premiummarkennamen, der außerdem für Technologie- und Innovationsführerschaft steht, umfangreich nutzen.“ Zudem erhalte man noch besseren Zugang zu attraktiven Vertriebskanälen im Handel.

Kauf zum Schnäppchenpreis

Gemeinsam kommen beide Unternehmen auf einen Umsatz von mehr als 600 Millionen Euro und einem operativen Ergebnis (Ebitda) von mehr als 100 Millionen Euro. Der Preis für die Verbraucherbatteriensparte, der laut Varta erst mit dem Abschluss des Kaufs feststehen wird, soll bei etwa 100 Millionen Euro liegen und damit „deutlich unter dem Wert, der im Rahmen von Transaktionen vergleichbarer Unternehmen gezahlt wird“, so der Varta-Finanzvorstand Steffen Munz. Der Kauf steht noch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Genehmigung.

Die Varta AG stellt Kleinstbatterien beispielsweise für Hörgeräte sowie Energiespeicher her und ist seit Oktober 2017 mit rund 36 Prozent der Anteile börsennotiert. Die Mehrheit am Unternehmen liegt weiterhin bei der Schweizer Montana Tech Components, die dem österreichischen Investor Michael Tojner gehört. In Ellwangen beschäftigt die AG laut einer Pressesprecherin rund 850 Mitarbeiter. Ein weiterer größerer Standort befindet sich in Nördlingen (Kreis Donau-Ries, Bayern).

Erfolgereiche Massenproduktion von Lithium-Ionen-Batterien

Das mittlerweile erfolgreichste Produkt des Ellwanger Unternehmens sind Lithium-Ionen-Batterien. Die Varta AG ist einziger Massenhersteller dieser wiederaufladbaren Zellen und bezeichnet sich selbst als Technologie- und Innovationsführer in diesem Bereich. Daher werden die Ellwanger auch immer wieder als potenzielle Hersteller von Zellen für Elektrofahrzeuge gehandelt. Die Lithium-Ionen-Batterien, die Varta bisher herstellt, sind vor allem für Hörgeräte oder kabellose Kopfhörer bestimmt. Gemeinsam mit nicht näher benannten europäischen Partnern bewirbt sich Varta derzeit um die bis zu einer Milliarde Euro umfassende Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums für den Aufbau einer Zellproduktion für die Autoindustrie in Deutschland.

Varta Consumer Batteries stellt Batterien, Akkus, Ladegeräte, so genannte Power Banks, mit denen sich mobile Endgeräte wie Smartphones unterwegs laden lassen, sowie Leuchten her und verfügt über Vertriebsgesellschaften in mehr als 20 Ländern. Im nur 50 Kilometer von Ellwangen entfernten Dischingen (Kreis Heidenheim) befindet sich der Hauptproduktionsstandort, wo 450 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Accumulatoren – kurz Varta

Die Varta AG geht auf die 1887 in Hagen gegründete Accumulatoren-Fabrik Tudorschen Systems Büsche & Müller OHG zurück. 1904 gründet sie unter dem Namen AFA in Berlin-Oberschönweide die „Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Accumulatoren“, kurz Varta. In Ellwangen ist das Unternehmen seit 1946 vertreten, wo ab 1947 in einem Nachkriegssortiment aus Trichtern, Rechen oder Lautsprechern auch Batterien gefertigt werden. Varta-Batterien wurden unter anderem bei der Nordpolexpedition von Fridtjof Nansen 1896 genutzt. Auch in der Hasselblad-Kamera, die bei Neil Armstrongs und Edwin Aldrins Ausstieg auf dem Mond 1969 zum Einsatz kam, steckte eine Varta-Batterie.