Palmöl-Plantagen wie hier in Honduras entstehen meist dort, wo zuvor Regenwald war. Foto: imago//Juan Carlos

Das Pflanzenöl sammelt nicht gerade viele Sympathien. Ein Problem ist es vor allem an Tankstellen. Aber wie gut sind die Alternativen?

Stuttgart - prüfst du im Supermarkt auch immer auf den Etiketten, ob Palmöl in den Produkten ist, die du gerade mit Heißhunger in deinen Einkaufswagen legst? Palmöl steckt in ungefähr der Hälfte der Produkte im Supermarkt. In Schokolade und Nutella etwa. Auch in Fertiggerichten. In Waschpulver und Kosmetika ebenso. In richtig großen Mengen auch in Diesel und Benzin. Und Palmöl ist verantwortlich für die Abholzung von Regenwäldern, für Artensterben und mitunter für die Ausbeutung von Menschen. Die Sache scheint also klar: Palmöl ist übler Stoff.

Das sieht auch der Agrarwissenschaftler Matin Qaim von der Uni Göttingen so. „Das Problem ist, dass die Ölpalmen auf riesigen Flächen angebaut werden, die vor wenigen Jahren noch Regenwälder waren“, sagt Qaim. „Das hat katastrophale ökologische Folgen.“ Nicht nur, dass statt etwa 470 Baumarten dann nur noch eine Art – die Ölpalme – wächst. Bei der Umwandlung von einem Hektar Regenwald in Palmölplantage werden etwa 174 Tonnen CO2 freigesetzt, wie der Informationsdienst Wissenschaft berichtet.

Das Problem ist der hohe Bedarf an Pflanzenölen

Qaim sieht das Problem aber nicht im Palmöl selbst, sondern es sei die Folge dessen, „dass die weltweite Nachfrage nach Pflanzenölen stark gestiegen ist“. Was er meint: Palmöl hat wesentliche Vorteile gegenüber Kokosöl oder Rapsöl. Und auch den Menschen vor Ort bringt es Vorteile.

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Aus einem Hektar Ölpalmen gewinnt man durchschnittlich zwischen 3,3 Tonnen und 3,8 Tonnen Öl. Bei einem Hektar Raps oder Sonnenblumen liegt der Ertrag bei 0,8 Tonnen, bei Kokospalmen 0,7 Tonnen und bei Soja bei 0,4 Tonnen. Das heißt: Palmöl mit anderen Pflanzen zu ersetzen, würde einen wesentlich höheren Flächenverbrauch bedeuten. Oder anders gesagt: Man müsste riesige Flächen in Ackerland umwandeln.

Agrarwissenschaftler Qaim plädiert daher zu dem Ansatz, die bestehenden Palmölflächen weiter zu nutzen und zu optimieren. Mit dem vorhandenen Wissen sollen die Erträge erhöht werden, bis zu acht Tonnen Öl pro Hektar seien möglich. Baumstreifen in den Ölpalm-Monokulturen sollen wieder natürliche Vegetation zurückbringen.

Viele Bauern profitierten von höheren Einkommen

Aber werden für Palmöl nicht Menschen ausgebeutet? „Rund die Hälfte des Palmöls wird von Kleinbauern produziert“, sagt Qaim. Das hätte in den Hauptproduktionsländern Indonesien und Malaysia zu höheren Einkommen geführt, Palmölbauern seien weniger von Armut betroffen als andere Bauern. Indonesien hätte die Armutsrate in den vergangenen 20 Jahren von 20 auf zehn Prozent reduzieren können, und die Hälfte des Rückgangs sei auf den Ölpalmenanbau zurückzuführen, berichtet etwa die Frankfurter Rundschau. Das schließt Ausbeutung zwar nicht aus, zeigt aber, dass Palmöl auch positive Auswirkungen hat.

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Wer bei Palmöl Nachhaltigkeit sicherstellen will, kann das hauptsächlich über das RSPO-Zertifikat tun. Das Zertifikat wird von der Industrie getragen und wird nicht zuletzt deswegen auch kritisiert. Das Siegel setzt sich für Mindeststandards ein, die viele Organisationen für unzureichend halten. Laut dem Online-Magazin utopia.de ist Rodung nicht per se untersagt, sondern nur von besonders schützenswerten Wäldern. Auch soll es Hinweise geben, dass sich manche lizenzierte Unternehmen nicht an die Vorgaben halten. Aber weil es das einzige reichweitenstarke Siegel ist, sehen viele Expertinnen RSPO trotzdem als wichtig an und plädieren für strengere Regeln.

Palmöl ist vor allem Diesel und Benzin beigemengt

Palmöl ist laut der Verbraucherzentrale (VZ) meist in stark verarbeiteten Lebensmitteln verwendet – Fertigsuppen, Eiscreme, Schokoriegel. Bei Lebensmitteln muss es auch auf der Zutatenliste angeführt sein. Anders ist das bei Kosmetika, dort versteckt sich laut VZ das Palmöl etwa hinter Namen wie Sodium Palmitate, Isopropyl Palmitate, Palm Kernel Alcohol, Glyceryl Palmitate oder Palmstearin.

Den größten Hebel, um auf Palmöl zu verzichten, hat man aber ohnehin anderswo. Etwa 40 Prozent des Palmöls in Deutschland fließt in die Tanks unserer Autos – auch bei normalem Sprit, in Form von Biosprit-Zusätzen (etwa E10). Biosprit wird oft als klimafreundlich verkauft, weil davon ausgegangen wird, dass die Pflanzen das CO2 aufnehmen, dass später, wenn sie zu Sprit verarbeitet sind, wieder ausgestoßen wird. Diese Rechnung geht aber nicht auf, weil bei der Umwandlung von Regenwald in Anbauflächen jede Menge CO2 freigesetzt wird (siehe oben).

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„Davon müssen wir weg“, sagt auch Forscher Qaim, „das würde viel bringen.“ Die Bundesregierung hat kurz vor der Wahl noch beschlossen, dass Palmöl im Sprit ab 2023 zumindest nicht mehr gefördert wird – und eine EU-Verordnung wird den Einsatz von Palmöl als Bio-Sprit generell verbieten. Allerdings erst ab dem Jahr 2030. 

Wenn du möglichst nachhaltiges Palmöl kaufen willst, kannst du auf Bio- und Fairtrade-Waren setzen, hier sind die Standards in der Regel zumindest höher. Wenn du weniger hochverarbeitete Lebensmittel kaufst (also mehr selber kochst), verbrauchst du weniger Palmöl. Bewusst konsumieren, wenig wegwerfen, wenig Autofahren: das sind die drei Tipps, die uns Forscher Matin Qaim in Sachen Palmöl mitgibt.